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germanischen dialekten endungslos, die zweite hat im gothischen und nordischen t, in den übrigen dialekten t oder i (e) zur endung, und zwar ist hier i das gewöhnliche, t steht nur in den perfekten, welche präsensbedeutung angenommen haben. Alle diese perfektformen haben apokope erlitten, wie die vergleichung. mit den verwandten sprachen, namentlich mit dem skr. ergiebt. Im gothischen ist überall ein a abgefallen. frah, fraht, frah aus fraha, frahta, fraha, vait, vaist, vait aus vaita, vaista, vaita, während das sanskrit papracha, papraktha, papracha, das griechische oida, olova, oidɛ, den auslautenden vocal erhalten hat. Im gothischen musste derselbe nach den lautgesetzen abfallen; der wurzelauslaut sowohl wie das t der zweiten person war ursprünglicher inlaut, und deswegen konnte hier kein consonantenabfall stattfinden. So lässt sich das ehemalige vorhandensein eines endvocals in den gothischen perfektformen schon durch die lautgesetze nachweisen, wenn sich gleich nur durch die sprachvergleichung bestimmen läfst, welcher vocal hier seine stelle hatte. Dasselbe gilt auch für die übrigen dialekte, soweit diese mit dem gothischen übereinstimmen. In dem althd. sàßi, sächsisch sati, ags. sæte kann das kurze i (e) nicht ursprünglicher auslaut gewesen sein, denn sonst hätte dasselbe ebenso wie das a der 1. und 3. person abfallen müssen. Das nähere verhältnifs ergibt sich hier aus dem sanskrit, in welchem für die 2. singularperson neben tha auch die endung itha erscheint. Wie das ahd. t in weist dem skr. th identisch ist; so kann auch das i in såßi nichts anderes sein als das skr. itha in sêditha. Das verhältnifs des wurzelvocals vor den endungen itha und i macht diese annahme zur gewissheit. Bopp vergl. gr. s. 848.

Die übrigen endungen des perfekts sind bis auf den verschiedenen bindevocal mit denen des präsens identisch, nur 3. plur. zeigt ein n statt nd. Aber auch hier mufs einst die endung ndi bestanden haben, nicht die endung nt oder n, weil sonst die perfekte sêtun, êtun u. s. w. entweder zu sêtu, êtu oder sêtuna, êtuna hätten werden müssen.

Imperativendungen.

Im plural und dual ist der imperativ mit dem präsens identisch; die 2. sing. zeigt in der starken conjugation weder personalendung noch bindevocal. In dem mangel der personalendung kommt das gothische mit den übrigen sprachen überein,

griech. eye, latein. lege, skr. tuda. Die übereinstimmung der sprachen deutet darauf hin, dafs dies verhältnifs ein sehr altes ist, und wir müssen daraus auch für das gothische den schlufs ziehen, dafs der abfall der personalendung in das höchste alterthum hinaufreicht.

So stellt sich uns für 2. sing. des gothischen imperativs keine andere endung entgegen als der bindevocal. Dieser hat sich aber nur in der schwachen conjugation gehalten, wo er mit dem vorhergehenden ableitungslaute zu einer länge vereinigt ist. So in sôkei, lagei; ei mufs auf gleiche weise entstanden sein wie in sôkeis sôkeiþ d. h. durch vereinigung des j mit dem bindevocale i; sôkeis sôkeiþ steht statt sôkjis sôkjiþ, so muss auch der imperativ sôkei aus sôkji hervorgegangen sein. Das nach dem j erscheinende i ist der bindevocal des imperativs, identisch mit dem e des griech. 2ɛyɛ, des latein. lege, mit dem a des sanskr. tuda.

Gemäls der imperativform der schwachen conjugation haben wir auch für die starke die 2. sing. imp. ligi, fari, giuti als ursprünglich vorauszusetzen; das i kommt hier mit dem bindevocal von ligis, faris überein, wie auch die plural- und dualpersonen des imperativs und präsens in der form des bindevocals übereinstimmen. Den lautgesetzen gemäfs mufste ligi, fari, giuti apokope des kurzen endvocales erleiden.

Infinitivendung.

Die infinitiven dung an, die in der schwachen conjugation ihr a mit dem ableitungsvocale zu ô und a (ê) kontrahirt hat, mufs als substantivendung und somit als bestimmter casus gefafst werden. Wahrscheinlich haben wir in dem infinitiv den accusativ sing. eines neutralen stammes auf ana zu sehen, sodass giban den lautgesetzen gemäfs aus gibanan, wie vaurd aus vaurdan hervorgegangen wäre. Von demselben stamme bedienen sich einige dialekte auch des genitivs und dativs zum ausdrucke des infinitiv verhältnisses, indem zu an die genitivendung as, es oder die dativendung a, e hinzutritt, gewöhnlich mit verdoppelung des n. Man könnte auch in der infinitivendung an eine dativbildung wie in namin u. s. w. erblicken wollen, aber dann müsste auch im infinitiv statt an die endung in auftreten.

3.

Auslaut der zahlwörter und partikeln.

1) Die gothischen zahlwörter sibun, niun, taihun scheinen sich dem lautgesetze nicht gefügt zu haben; denn es ist hier der auslautende nasal geblieben, welcher dem lateinischen septem, novem, decem, dem skr. saptan, navan, daçan zufolge hier ursprünglicher auslaut sein und deshalb apokope erleiden mufs. Aber es ist die frage, ob nicht das gothische seinen consonantisch endenden zahlwörtern einen vocalischen ausgang gegeben hat, wie dieses auch bei den meisten consonantischen stämmen geschehen ist (vgl. ant und îjas). Auch in andern sprachen sind jene zahlwörter in vocalische stämme verwandelt worden. So hat das litauische, welchem das germanische überhaupt in seinen zahlwörtern näher kommt als den älteren sprachen, aus catvar, saptan, ashtan und dem hier statt navan gebräuchlichen davan für das maskulinum ein keturi oder ketveri, septini, ashtoni, devini, für das femininum ein keturôs oder ketveres, septinos, ashtônôs, devinôs gebildet, welche wie regelmässige plurale adjektive flektirt werden. Dafs dasselbe auch im gothischen geschehen sei, unterliegt keinem zweifel. Denn von taihun wird ein dativ fimf taihunim, von niun ein genitiv niunê, von fidvôr ein dativ fidvôrim gebildet. Dies sind deutlich plurale casus der i-deklination, nicht der an-deklination, wie wir sie für niun, sibun, taihun erwarten. Das thema an ist also zu ani erweitert worden wie die participialendung and zu anda, fem. andì. Nomin. und acc. lauten sibun, niun, taihun, fidvôr, aber auch hier mufs wie im genitiv und dativ vocalisch auslautender stamm gesprochen worden sein, sibuni, niuni, taihuni, fidvôri, dessen i dem auslautsgesetze zufolge weichen musste. Zwischen dem lateinischen septem, novem, decem, quattuor und den gothischen formen besteht danach dasselbe verhältnifs wie zwischen dem lateinischen tot, quot und dem skr. tati kati, accus. tati kati, dativ tatibhjas katibhjas, instrument. tatibhis katibhis, loc. tatishu katishu, gen. tatînâm katînâm. Mit diesen sanskritformen stimmen die obigen zahlwörter des gothischen in der endung und flexion vollkommen, soweit die übereinstimmung bei verschiedenheit der sprachen möglich ist. Die vollständige flexion liefse sich danach folgendermafsen bestimmen:

nom. sibuni, niuni, taihuni, fidvôri

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acc. sibuni, niuni, taihuni, fidvôri

dat. sibunim, niunim, taihunim, fidvôrim
gen. sibunê, niunê, taihunê, fidvorê.

Das auslautende i des nominativ und accusativ mufste nach gothischem lautgesetze ausfallen. Auf die althochdeutschen formen, welche unsere ansicht noch weiter bestätigen würden, können wir hier nicht eingehen.

Das zahlwort fimf scheint von den übrigen abweichend behandelt worden zu sein, wie auch das lateinische quinque sich von septem, novem, decem entfernt. An den abfall des vocals a hinter fimf (vgl. skr. panca) brauchen wir kaum zu erinnern. Dagegen verbietet die vergleichung, in dem zahlworte saibs einen frühern vocalischen auslaut zu statuiren, da es auch in den verwandten sprachen auf einen zischlaut ausgeht: sex, , zend. khshvas, skr. shash. hs konnte sich im gothischen halten, da eine auf s ausgehende doppelconsonanz vom autlaute nicht entfernt zu werden braucht. Das litauische hat freilich auch dieses zahlwort ebenso wie die oben genannten zu einem vocalisch auslautenden stamme gemacht und flektirt sheshi, sheshôs wie septini, septînôs.

2) Der zweck dieser abhandlung erlaubt nicht, sämmtliche partikeln einzeln nach ihrem auslaute durchzunehmen. Wir müssen uns hier auf einzelne bemerkungen beschränken, namentlich bleiben diejenigen adverbia und conjunctionen, welche sich deutlich als casus eines nomens oder pronomens darstellen, hier unberücksichtigt.

Die präpositionen af, at, and, und, uf, in, miþ mussten ihren kurzen vocalischen auslaut schwinden lassen, denn es bedarf keines nachweises, dafs diese wörter einst in ihrem auslaute dem skr. und griechischen apa, άzó, adhi, upa, ana oder έví, μerá gleichgekommen sein müssen. In compositionen hat sich noch bisweilen der auslautende vocal erhalten, weil er hier im inlaute geschützt blieb. So anda in andaneips, andanêms, andasêts, unpa in unpaþliuhan. Die präposition bi (griech. iní) ist durch aphäresis des anlauts einsilbig geworden und konnte daher des i nicht verlustig gehen.

Die conjunction uh oder h, welche als enklitika mit dem vorhergehenden worte zu einer einheit verwächst, ist wie das lateinische que, mit dem sie in gebrauch und bedeutung gänzlich übereinkommt, auf ein ursprüngliches ka, skr. ca zurückzuführen.

Vgl. hvasuh quisque, hvôh quaeque, hvah quodque, nih neque. Das kurze auslautende a mufste wegen mehrsilbigkeit der so entstehenden form verloren gehn. Ebenso ist es auch mit hun, lat. cunque, skr. cana: hvashun kaçcana quicunque. Auch hier hat das auslautende a apokope erleiden müssen.

Wo in mehrsilbigen wörtern auslautendes a erscheint, mufs entweder langes â oder auslautender consonant bestanden haben: Eine anana, faura, vipra, ufta, aftra, alja, sunja, vaila u. s. w. zahl anderer, die in ihrem vorliegenden auslaut eine dentale muta, einen nasal oder a zeigen, wie dalaþ, aljaþ, hvaþ, samap, þan, hvan, aftana, utana müssen hier übergangen werden, da das erkennen ihres ursprünglichen auslautes von der noch nicht angestellten untersuchung abhängig ist, welche stellung diese partikeln in dem flexionssysteme einnehmen. Eine solche aber hier vorzunehmen, würde uns zu weit führen.

Tübingen.

Dr. R. Westphal.

Vokale der niederdeutschen mundarten in den kreisen Iserlohn und Altena.

(Fortsetzung)

III. Lange einfache vokale.

â

findet sich vor ch und f nur, wenn sie ausl. = g und v, sonst vor allen einfachen und vereinfachten konsonanten, aufserdem vor rt. Es umfasst, ein paar i ausgenommen, wol nur

rl, rm, rn,

alte a.

1)= a. bâen baden; lâen laden; såel sattel; slåe, slåde, sleddle, f. schmales thal, ags. släd; sâl, n. saal; smål schmal, jedoch a in smalle-kuk magere speise; tâl zahl; fàl fahl; hâlen, Lüdensch. huålen holen; mâlen molere, ahd. malan; stâlen, m. bein, von tisch u. s. f.; stâlen, m. muster (täikenstâlen), modell bes. von zeugpatronen;*) lâm lahm; râmbeaum gränzbaum,

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*) Vorzeiten galt stålen namentlich auch von probemünzen, die bei behörden niedergelegt wurden, um fälschungen leichter zu entdecken;

vgl. Seib. W. urk. no. 401 'moneta ähnlich gelt vor stal', Cl. Bûr 438.

que

dicitur in vulgari stale';

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