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am wenigsten geschwächt, indem der epische genitiv xoɛt☎v auch das y des stammes im erhalten hat, mithin einen stamm xqɛiat für vorangegangenes xoɛtar zeigt. Das sanskrit ist aber mit aufgebung des t in die a-declination übergetreten, hat jedoch das t in anderer gestalt bewahrt. Wie nämlich neben dhanvan, yajvan, parvan die formen dhanus, y ajus, parus stehen und ihre erklärung aus einem ursprünglichen stamme auf vant finden (vgl. oben 1. 376) so stehen in den Veden neben kravya und havya, die neutra kravis und havis, die mit hinzuziehung des griechischen xoɛar keinen zweifel lassen, dafs sie aus kravyat havyat in derselben weise entstanden seien, wie dhanus aus dhanvat. Für havis n. das opfer bedarf es keiner weiteren beläge; kravís findet sich R. 2. 3. 8. 4: yád ácvasya kravís ho maxikâ'ça was von des rosses fleisch die fliege genossen u. s. w. (vgl. Vâj. S. 25. 32). An die spätere sanskritform kravya, die sich übrigens auch schon in den Veden findet, schliefst sich dann das goth. hraiva (hraiva-dubo) ahd. hrêo fast genau an, nur dafs das j in die vorangehende stammsilbe übergetreten ist; die entwickelung des begriffes ist aber dieselbe wie im franz. charogne aus lat. caro. Da die begriffe von blutendem fleisch und blut einander nahe liegen, wie z. b. auch skr. asṛj blut und das nahe verwandte oάgs zeigen, hat Grimm (gesch. d. d. spr. 1010) auch cruor nebst litthauischen, slavischen und celtischen wörtern zu den unsrigen gestellt, unter denen namentlich litth. kraujas sich ganz an dieselben anschliefst; auch cruor scheint mit berücksichtigung des dazu gehörigen cruentus und dessen, was I. p. 379 bei der zusammenstellung von udor nud dwg gesagt ist, sich gleichfalls dem ursprünglichen stamme mit auslautendem t anzuschliefsen, während caro, carn-is, mindestens der endung nach, ferner liegt. A. Kuhn.

dhanvan, done, dévag.

Das skr. dhanvan n. hat die bedeutung «bogen, land und besonders trocknes flach- und wüstenland" und Roth hat bereits in seinem so eben erschienenen commentar zum Nirukta (zu 5. 5. p. 57) die vermuthung ausgesprochen, dafs das wort auf w. tan dehnen zurückgeführt werden müsse und ursprünglich nur das ausgedehnte bezeichnet habe; bestätigung dafür hat er in den zen

dischen formen thanvare, thanvaretan bogenschütze, thanvan gefunden. Allerdings ist nun das wort mit der wurzel tan in etymologischem zusammenhang, doch schon eine selbständige bildung, deren ableitungen auch anderen indogermanischen sprachen nicht fremd sind. Das auftreten der aspiration im anlaut erklärt sich durch ein dem dh vorangegangenes und später abgefallenes s, von dem das sanskrit und griechische noch einige reste, aber natürlich ohne die aspirata, in stana die brüste, euter (die gespannten, strotzenden) sta nåmi töne, seufze, stana yâmi donnern, stanayitnu donnernd, στενός, στένω, στόνος u. s. w. er. halten haben. Ich werde in den untersuchungen über das alte s auf diese erscheinung zurückkommen und bemerke nur, dafs auch in diesen wörtern der begriff der weiten ausdehnung, denn der seufzer hallt lange nach wie der donner, sowie der spannung und wölbung sich findet. Die bedeutung von dhan van betreffend ist aber noch zu bemerken, dafs die alten ausleger dem worte auch die von «antarixa luft» geben (Naigh. 1. 3, Nir. 5. 5), Die von Yâska am angeführten orte dafür citirte stelle läfst aber auch eine andere erklärung zu, vgl. Benf. gl. s. v. dhanvan.

Was die ableitung des wortes betrifft, so stellt es sich zu dem in den Veden nicht seltenen verbum dhanv mit der bedeutung «eilen", trans. «schnell herbeiführen" und sofern dieser bedeutung die der ausstreckung, des gespanntseins vorangegangen zu sein scheint, liefse es sich als geschwächte participialform desselben für älteres dhanvant der gespannte ansehen. So wird es denn auch wahrscheinlich, dafs dhany und dhanvan nur erweiterungen des der conjugation der specialtempora von tan zu grunde liegenden thema's tanu griech. zavv sind, da ähnliche erweiterungen der verbalthemen mehrfach vorkommen und z. b. inoti, invati, roti, ruvati auf dieselbe weise neben einander stehen, sobald wir von der oben berührten veränderung des anlauts absehen. Dazu kommt, dafs auch ein adj. dhanu mit der bedeutung «schnell, rasch» vorhanden gewesen sein mufs, von dem ich jedoch nur den comparativ dhanutara (schol. çîghragantr) nachweisen kann RV. (m.) 4. 35. 5, vgl. Nève: mythe des Ribhavas p. 451.

Wenden wir uns nun zu den andern indogermanischen sprachen, so stellen die deutschen einige wörter dazu, die sich sowohl in form als bedeutung eng anschliefsen. Das nhd. done entspricht ganz jenem dhanvan, m. n. neben dem auch eine ne

benform dhanva n. steht, insofern nicht allein die schlinge, sondern auch zugleich der sie haltende bogen damit bezeichnet wird; das wort ist zwar in der älteren sprache nicht nachzuweisen, indessen weist das mhd. mehrere wörter auf, die sein alter verbürgen. Diese sind zunächst don stf. spannung, gedon belästigung, beschwerde, gewalt, überdon tuch oder leinwand zum einhüllen eines leichnams, gedon adv. eifrig, schleunig? (daz guot si vil gedon santen an ir gemach BM. mhd. wb. p. 381.; don swv. (ahd. ih doneta) ich bin in spannung, aufgeregt von sehnsucht, schmerz, freude; dünec adj. ausgespannt, grofs. Wenn ferner skr. tanyatu geräusch, schall, donner von der w. tan ohne anlautendes s stammt, während die formen mit s vorzugsweise die specielle beschränkung des begriffs der ausdehnung auf den schall zeigen, ebenso griech. zóvos, lat. tonus, tonare; ferner alts. punor, ahd. donar, mhd. doner, donre, dunre stm. entschieden nicht entlehnt sind, auch im mhd. dunte von swv. dun donnern noch vorhanden ist, so sehe ich keinen hinlänglichen grund das mhd. dôn stm. weise, ton, gesang mit Müller (BM. wb. p. 381) aus dem lat. tonus stammen zu lassen; auch Grimm zieht (gr. 2. 48) dasselhe zu einem verlornen goth. þiunan, þaun, þunun, und sieht, da bereits im angelsächsischen dynja strepere, alts. dunjan, altn. duna tonare, duna tonitru die media erscheint, keinen anstofs in der neuhochdeutschen tenuis von tönen. Selbst im gothischen trat vielleicht schon die media auf, da wenigstens dauns f. dunst, geruch fast eher zn den obigen mhd. wörtern als zu skr. dhûma, ahd. daum zu stellen sein möchte.

Auch im niederdeutschen finden wir denselben stamm in donne, dickedonnesatt vollgepfropft satt, dûn enge, fest anliegend, westf. donne stramm, aufgedunsen, donne bi, wang. dûn an nahe bei, nl. dôn neben, nahe, schnell, sogleich, dûnen, nl. duynen schwellen, strotzen und in dem fast allen ndd. diall. gemeinsamen dûne trunken, vergl. «besoffen wie eine bombe» d. i. bis zum platzen voll, vgl. Diefenb. goth. wb. d. 23′ th. 7. 17. In allen hier besprochenen formen ist der vocal o oder u durch den einflufs des geschwundenen v zu erklären, welches das wurzelhafte a zu au umlautete, aus dem dann die verengerung zu o, u stattfand.

Aus dem griechischen ziehe ich évag zu dhanvan mit ausfall des, während das g des suffixes nach der oben 1. 368 ff. besprochenen weise entstand; évag gehört nämlich eben so wenig τα θένειν, θείνειν schlagen wie skr. dhanus, dhanvan zu dem

bisherr irrthümlich dazu gestellten sanskr. dhan f. han tödten. Schon der umstand, dafs dévag nicht allein die hölung der hand, sondern auch des fufses nach Hesych. bedeutet, mufste bedenklich machen, mehr noch dafs dévag auch die biegung zwischen daum und zeigefinger bezeichnet. Wenn das wort auf divo zurückging, würde Pindar (Pyth. 4. 206) weder die vertiefung des altars. noch den grund des meeres (Isthm. 4. 74) durch έvao haben bezeichnen können. In betreff der letzteren bedeutung verdient noch erwähnung, dafs nach Wilson auch dhanvan n. die bedeutung a firm spot, land, ground hat; ich kann dieselbe jedoch nicht belegen, will indefs nicht unterlassen an «samudrasya dhanvan ârdrasya pâre» RV. 1. 116. 4 zu erinnern, wo samudra freilich das luftmeer zu sein scheint.

Nierenberger pat.

In den norddeutschen sagen (gebr. no. 425) habe ich nürnberger pat als bezeichnung der milchstrafse mitgetheilt und daran in den anm. die vermuthung geknüpft, dafs damit ein pfad zum nornenberge gemeint sein möge. Die erste mittheilung des namens war uns von einem hochdeutschredenden geworden, später habe ich sie öfter und zwar stets in ndd. form nierenberger pat gehört. Sie ist deshalb auch aus dem niederd. und speciell aus dem westf. dialekt, dem sie angehört, zu erklären. Nun bezeichnet aber westf. nierendor, auch nie en dår, die grofse eingangsthür der bauernhäuser, d. h. sie ist die untere thür im gegensatz zu den zu beiden seiten des herdraumes gelegenen oberen, also hd. niedenthür. So ist denn auch nierenberg der unterberg, und über seine bedeutung kein zweifel. Panzer hat (beitr. z. d. myth. p. 299. 301.) einen berg als aufenthaltsort der toten in der unterwelt nachgewiesen und gerade der unserem nierenberg im namen gleiche salzburger untersberg mit seinen hölen, der eisernen thüre, in welchen die wilden frauen hausen und Kaiser Karl verzaubert sitzt, giebt das deutlichste bild jener vorstellung. Wenn die milchstrafse aber der zu diesem berge leitende pfad genannt wird, so kann sie hier nur als verbindungsweg zwischen himmel oder erde und unterwelt angesehen werden; das letztere ist mir das wahrscheinlichere und es liegt nahe zu vermuthen, dafs damit die strafse bezeichnet werde, auf welcher die abgeschiedenen in der Hel reich gelangten, da der name helweg, hiëlweg, gleichfalls westf. die milchstrafse, daneben steht. A. K.

munu, skulu, mundu, skyldu.

Die beiden verben man (ich werde) und skal (ich soll, werde) bilden in abweichung von allen anderen im inf. munu, skulu. Man könnte annehmen, dafs das a des entsprechenden gothischen munan, skulan sich vor abfall des n zunächst zu u gestaltet hätte, etwa so wie in den weiblichen abstraktis auf an die endungen an und un neben einander herlaufen (iðran, iðrun reue, eggjan, eggjun antreibung) und auch sonst oft an und un mit einander wechseln; wahrscheinlicher ist mir, dass in munu, skulu überbleibsel einer älteren infinitivform vorliegen. Ich ergänze beide in mun-um, skul-um und erkenne darin den acc. sg. der reinen, natürlich hier ehemals reduplicirten, wurzeln mun, skul. Diese einfachste aller infinitivformen, bei welcher jede wurzel zum abstrakten substantiv erhoben und durch alle obliquen casus durchflektirt werden konnte, hat im weitesten umfange sich nur in den Veden erhalten, auf den accusativ beschränkt finden wir sie als allein bestehende im umbrischen und oskischen z. b. umbr. er-om (esse), fer-om (ferre) osk. censa-um (censere), molta-um (multare). Vgl. umbr. sprachd. I, § 60. Im lateinischen dagegen findet sich keine spur mehr davon.

Wie verhalten sich nun dazu mundu, skyldu, die gleichfalls als infinitive gelten? Beide, in der prosa häufig, kommen schon in der älteren Edda vor. So 91b:

hafa kvazk hon Helga hylli skyldu.

«<sie sagte Helgi's huld wolle sie haben.» 143 a: hana kvað hann óskmey verda skyldu.

«sie sollte wunschmaid werden hiefs er. » ibid. en mik Atli kvað eigi myndu

lýti ráða né löst gera.

«aber Atli sprach, nicht würde ich schande begehn, nicht laster üben.» Ganz am unrechten orte wäre, auch in diesen formen infinitive, etwa dem latein. supinum auf tum, der skr. infinitivendung tum entsprechende, suchen zu wollen. Aus n+t, 1+ t mufste goth. np, lp, altn. nn, I werden. Vielmehr scheint mir liegen. hier alte indikativformen des schwachen präteritum zu grunde, welche in mifsbräuchlicher analogie mit munu, skulu (ganz gleichlautend mit der 3ten pers. plur.) später als neue infinitivbildung verwendet wurden.

Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstr. 18.

A.

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