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gewordenen r vor m lässt sich aus den den dürftigen sabinischen sprachresten kein beispiel anführen.

7) Das wesen des gottes Mars im verhältnifs zu seinen namen.

Nach den bisherigen untersuchungen stehen also in den italischen dialekten die formen Marmar, Mavors, Mamers hinsichtlich der ablautung ihrer vocale neben einander wie innerhalb des lateinischen pars, expers, proportio, wie griech. Sagvára neben lat. dormio und dermio, griech. zagoós, raggós neben lat. terra, extorris, wie sanskrit vas, acc. dat. gen. d. 2ten pers. plur. des pron. personale, neben lat. voster, vester, sanskritwurz. vart neben lat. vortere, vertere, sanskritwurz. bhar neben lat. fero, fors; sanskritw. man neben lat. mens, moneo. Ursprüngliches a sinkt in allen fällen, die hier vorliegen, zu o und e im latein, theils in folge von tonschwächung, wenn das wort vorn einen zusatz erhält, theils wenn sich die wurzel im latein. mit einem suffix bekleidet.

Nachdem somit die entwickelung der verschiedenen namensformen aus dem stamme mas nachgewiesen ist, wird es nöthig sein, sich nach der ursprünglichen bedeutung der wurzel umzusehn. Potts ableitung des stammes mas von sanskritwurzel man (cogitare) hat viel ansprechendes, ist aber nicht zweifellos. Mas hätte nach derselben den vocal der wurzel gewahrt, den auslautenden consonanten derselben aber verloren, und das dem suffix angehörige s in dessen rechte eintreten lassen (etym. forsch. II, 206). Sonst wahrt umgekehrt diese wurzel im lateinischen den auslautenden consonanten, läfst aber den vocal a zu e sinken in mens, der dann nach lateinischen lautgesetzen weiter zu i und o wird in memini, moneo. Aber selbst wenn jene erklärung die richtige ist, so wäre es sehr fehlgeschossen danach Mars als den denkenden gott zu erklären. War vor der sprachtrennung mas wirklich eine bildung von wurzel man, so ist doch die bedeutung des denkens nach derselben auf dem boden des lateinischen ganz aus dem bewusstsein dieser sprache geschwunden. Denn mas masculus u. a. bezeichnen bekanntlich im lateinischen nicht bloss von menschen und thieren, sondern auch von pflanzen, wie von epheu, cypresse, eppich, weihrauch das männliche, das im gegensatz zum weiblichen das erzeugende ist. Wo die bedeutung der wurzel man, denken, im bewusstsein der lateinischen sprache geblieben ist, erscheint sie, wie oben bemerkt ist, in der gestalt

men, min, mon. Wer keine andere zweifellose ableitung von mas zu geben weifs, der mufs sich an jene faktische bedeutung von mas, masculus u. a. halten.

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Die bedeutung von mas: mann, erzeugender geht nun also in den gottesnamen über, wird aber durch composition, reduplication und affix verschiedenartig ausgeprägt. So giebt das compositum Maspiter den sinn mann - vater oder erzeugender vater. Die reduplicirte form Marmar, Marmor enthält den begriff von mas intensiv verstärkt: der sehr erzeugende. Durch das herantreten des suffixes t an den stamm mas wird, wie oben gezeigt, die persönlichkeit des gottes als solche bestimmter bezeichnet, und Mars heifst also der männliche oder der zeugende gott. Die formen Mavors und Mamers haben sowohl die intensive verstärkung des begriffs von mas durch die reduplication, als die bezeichnung der bestimmten persönlichkeit durch das t-suffix an sich, bezeichnen also den sehr männlichen oder sehr zeugenden gott.

Es bleibt noch übrig zu erwägen, ob diese bezeichnung des gottes auch zu dem wesen desselben, wie es in italischen gottesdiensten und sagen sich darstellt, übereinstimmt. Die beinamen des Mars: Silvanus und Campestris zeigen, dafs wald und féld sein bereich war (Cato R. R. 23, Orelli corp. inscr. no. 3496. 1355), daher behütet er die rinder auf der weide und zwei thiere des waldes sind ihm heilig, der wolf und der weissagende specht: picus Martius (umbr. Piquier Martier), durch den er in der alten Aborigenerstadt Tiora Matiene orakel gab (Dion. Halic. I, 14). In dem gebete bei dem opfer der suovetaurilia wird er angerufen (Cato R. R. 141): dem landmann, seinem hause und gesinde gnädig und gewogen zu sein, sichtbare und unsichtbare krankheiten, mifswachs und verwüstung, hagelschlag, unwetter abzuwehren, feldfrüchte, getraide, weinstöcke und gesträuche wachsen und gut gedeihen zu lassen, hirten und heerden unversehrt zu erhalten und dem ganzen hausstand gut gedeihen und gesundheit zu verleihen. Den Marmar und die Laren rufen die feldpriester im carmen arvale vor beginn der ernte im monat Mai um schutz und segen an; dem Mars opfern umbrische priester für volk und gemeinde der bergstadt Iguvium im Apennin (Aufr. u. K. II, 486), wie die schon oben mitgetheilten opfervorschriften der priesterschaft bezeugen. Nach ihm war der erste frühlingsmonat, mit dem das altrömische jahr begann, Martius genannt, in dem ihm geweihten frühlingsmonate feiern ihn und andre himmels- und

jahresgottheiten zu Rom die Salier mit gesängen, tänzen und schmausereien. Ihre schilde bedeuteten, wie oben gezeigt ist, die zwölf monate, ihr verfertiger ist eine personification des März selbst, und wenn bei ihren umzügen ein mann einherging, dicht eingehüllt in felle, auf den alles mit stangen loshieb (Joh. Lydus: de mens. III, 29. IV, 36), so sieht das bei einer feier zu frühlingsanfang einem austreiben des winters sehr ähnlich. In den altpelasgischen städten Tibur, Tusculum, Veji, Falerii wie in dem latinischen Alba war seit den ältesten zeiten eine ähnliche feier heimisch, wie die umzüge und feste der Salier zu Rom. Dem Mars oder Mamers weihten sabellische, latinische und oskische völker das ver sacrum, die erstlinge des frühlings von pflanzen, thieren und menschen, von allem was zwischen dem 1. März und dem 1. Mai geboren war (Serv. Virg. Aen. VII, 796. Liv. XXXIV, 44. Fest. v. Mamertini p. 158. v. ver sacrum p. 379), wenn pest oder andre schwere noth das land bedrängte. Das sinnbild des Mars war vor alters, ehe Rom götterbilder kannte, die hasta pura, ein friedlicher stab, sabinisch curis genannt (Pellegrino: andeutungen über d. urspr. religionsunterschied d. röm. patricier und plebejer p. 49 ff.), der gute friedensfürst Numa soll ihm einen flamen eingesetzt haben.

Mit dem wesen des Mars erscheinen eine anzahl weiblicher gottheiten von untergeordneter art eng verbunden. Gattin des Mars ist bei den Sabinern Nerio oder Neria, d. h. die starke göttin, die in einem alten alliterirenden gebete von der sabinerin Hersilia um frieden und glückliche ehen angerufen wird (Gell. N. A. XIII, 22, 13); die in römischen priesterbüchern genannten Molae Martis sind mahlgöttinnen, als töchter oder begleiterinnen des gottes zu denken, der das getraide grofs wachsen und gut gedeihen läfst.*) Here Martea hiefs eine göttin (Fest. h. v. p. 100), welche die alten nach übernahme einer erbschaft verehrten und sich als eine der begleiterinnen des Mars dachten, der ja acker und vieh, haus und gesinde, das ganze hab und gut des landmanns schützte. Von umbrischen priestern werden drei gottheiten, eine

*) Auch bei den Griechen gab es solche mahlgottheiten. Zeus hatte den beinamen Mules Lycophr. 435; zu Rhodos ward ein Telchine Mylas verehrt als erfinder des mühlsteines, der zu Kameiros heiligthümer der mahlgötter (iegà Mvharteior) errichtet haben soll (Hesych. v. Mulás). So hat Hartung relig. d. Röm. II, 172 die Molae Martis bereits richtig erklärt.

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männliche; Cerfus Martius und zwei weibliche: Praestota Cerfia Cerfi Martii und Tursa Cerfia Cerfi Martii, jedenfalls dem Mars untergeordnete gottheiten und seinem wesen verwandt, in wiederholten gebetformeln angerufen, volk und gemeinde der stadt Iguvium gnädig und gewogen zu sein. Insbesondere beten jene priester zur Prestota Cerfia Cerfi Martii volk und gemeinde von Iguvium ungefährdet zu erhalten, und alles was iguvinisch heifst, menschen und vieh, äcker und saaten zu behüten.*) Aehnliche anrufungen wiederholen sich auf den Iguvinischen tafeln; aber von einem kriegsgott Mars ist in den opfervorschriften und gebeten derselben nirgends die rede.

Auch in der einheimischen römischen sage tritt das wesen des gottes bedeutsam hervor. Juno, als göttin des mondenwechsels und mondenjahres Covella, als göttin der begattung und der geburten Caprotina, Juga, Fluonia, Opigena, Lucina benannt, erzeugt den Mars, den gott des ersten jahresmonats ohne zuthun eines mannes mit hülfe eines wunderthätigen krautes der blumengöttin Flora, durch dessen berührung die unfruchtbare ferse trächtig wird (Ovid. Fast. V, 229 ff.). Anna Perenna, die alte jahresgöttin, tritt dem Mars, dem gott des ersten frühlingsmonats, mit verhülltem antlitz wie eine neuvermählte neckend entgegen, als er mit der Minerva buhlen will (Ovid. Fast. III, 678 ff.). Bei dem jahresfest der Anna Perenna im März, wo man nach alter sitte allerhand lockere späfse trieb und lüsterne liedchen sang, da dachte man auch dieser sage. Derselbe gott erzeugt mit der jungfräulichen priesterin der heerdgöttin Vesta die gründer Roms, welche von den ihm geheiligten thieren wolf und specht gesäugt und gefüttert werden.

Dafs dieser gott, dessen bereich wald und feld, dessen jah

*) Ich führe als belege aus den Iguvinischen tafeln nur zwei gebetsformeln an, deren erklärung am zweifellosesten ist: Tabb. Ig. VI b, 61 ff.: Çerfe Martie, Prestota Çerfia Çerfer Martier, Tursa Çerfia Çerfer Martier, fututo foner, pakrer pase vestra pople totar ljovinar, v. Aufr. und K. II, 265-275 erklärt und übersetzt: Cerfe Marti ctt. estote volentes propitii pace vestra populo civitatis Iguvinae, civitati Iguvinae. T. Ig. VII a, 16ff. u. 29ff: Prestota Çerfia Çerfer Martier salvo seritu popler totar lovinar, totar lovinar nome, nerf, arsimo, viro, pequo, castruo, frif; von A. u. K II, 285 übersetzt: Praestita Cerfia ctt. salvum servato populi civitatis Iguvinae nomen, principes(?) – os, viros, pecua, praedia, segetes.(?)

reszeit der erste frühlingsmonat ist, von dem man wachsthum, gedeihen und erzeugung für pflanzen, thiere und menschen hofft, Mars, der männliche oder erzeugende heifst, ist somit gerechtfertigt, eine bedeutung wie: vernichter oder menschenmörder pafst zu solchem wesen nicht.

Aber mit dem wiederkehrenden frühling musste der mann nicht nur zu viehzucht und ackerbau, sondern auch zu kriegszügen ins feld; die durch ein ver sacrum dem Mars geweihte jugend zog mit frühlingsanfang von der heimischen flur aus, um sich mit dem schwerte neue wohnsitze zu erkämpfen; in dieser jahreszeit pflegte der römische consul, bevor er ins feld zog, in den tempel des Mars zu treten, und die heiligen waffen des gottes zu rütteln mit dem ruf: Mars vigila! (Serv. Virg. Aen. VIII, 3). So war Mars der männliche gott auch vor alters schon der kriegsgott, und je mehr sich Rom zu dem kriegerstaate ausbildete, wie er sich schon zu Servius zeit im heerbanne auf dem campus Martius darstellte, desto mehr ward diese bedeutung des gottes die hervortretendste. Die römische gelehrte dichtung übertrug dann auf ihn die eigenschaften und benennungen des griechischen Ares und verwischte die ursprünglichen und volksthümlichen züge dieser ächtitalischen gottheit.

Corssen.

Numerische lautbeziehungen des griech., latein. und deutschen zum sanskrit.

Nachdem ich im ersten bande dieser zeitschr. s. 163 ff. einige bemerkungen ueber die in zahlen auszudrückenden lautverhältnisse zwischen griech., lat. und deutsch mitgetheilt habe, gehe ich hier einen schritt weiter und betrachte diese sprachen im verhältnis zum sanskrit. Meine methode ist hier ganz dieselbe wie dort und ich mufs in dieser hinsicht, um wiederholungen so weit es irgend angeht zu vermeiden, hiemit durchgängig auf jenen aufsatz verweisen. Fuer die angaben aus dem lautsystem des sanskrit ist zu bemerken, dafs jede das resultat einer wenigstens fünfmaligen zaehlung ist, da eine geringere anzahl von zaehlungen bei der grofsen menge der sanskritbuchstaben und der daraus

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