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dafs ihm eine parallele zu diesem präfix in keiner sanskritsprache aufgestofsen sei, aufser im ossetischen ra- (wieder), welches dann auch der vermuthung in den weg trete, als sei re- aus skr. parà (zurück) durch aphärese verderbt; Bopp dagegen (vgl. gr. s. 1482) findet eine vergleichung mit dem letztgenannten präfix zulässig und erklärt das d einiger composita als euphonisch wie bei pro. Ein derartiger euphonischer einschub ist mir indessen bedenklich; auch bei pro wird das d andere gründe haben, besonders ziehe man auch die häufige verlängerung des vocals in betracht. Dafs das d von r nicht euphonisch sein könne, scheint mir schon klar aus rettuli, repperi, relligio u. s. w. hervorzugehen, die offenbar aus assimilation eines vorangehenden d entstanden sind, weshalb sich noch zuweilen die länge im e als ersatz des später ausgefallenen consonanten zeigt. Ich glaube daher, dafs red-, re- zu skr. prati zu stellen sei, welches die bedeutung 'gegen, hin, zurück, wieder' hat.

Was zunächst die form betrifft, so ist zu bemerken, dafs mehrere zweisilbige präpositionen im latein. nicht allein einsilbig geworden sind, sondern auch eine inlautende einfache tenuis zwischen vocalen in die media verwandelt haben, man vgl. skr. ati über, prâkr. adi mit lat. ad, ar umbr. ar (umbr. denkm. I. 153); skr. apa, pr. aba, lat. ab; skr. upa, umbr. up, lat. ob und vzó mit sub, so dafs also die media d für t kein bedenken hat; rücksichtlich des abgeworfenen i stellt sich red grade so zu prati, wie per zu pari und es bleibt demnach nur die aphärese des Р im anlaut zu besprechen. Dafs auch diese im lateinischen vor liquiden vorkommt zeigen skr. plihan inilz, lat. lien; skr. pṛthu (st. prath), gr. пharús, lat. latus; das wie ich glaube mit recht zu skr. pṛch fragen gestellte rogo, man vgl. namentlich ahd. forscon und fragen, ahd. frosc, engl. frog mit lat. posco, umbr. persni; endlich skr. prásiti faden, band, schlinge (Roth zu Nir. 6. 12) mit lat. restis, denen sich noch einige andere anreihen liefsen, bei welchen es weiterer auseinandersetzungen bedürfte. Namentlich das letzte ist aber entscheidend, denn prásiti (st. prasi, suff. ti) verhält sich gerade so zu res-ti wie práti zu red.

Was nun aber die bedeutung betrifft, so ist allerdings nur eine seite derselben durch das lat. red ausgedrückt, nämlich das zurück, welches ja mit dem wieder zusammenfällt, indem beide eine nach einem punkte gerichtete thätigkeit auf derselben linie nur in umgekehrter richtung verlaufend darstellen; die andere

bedeutung von prati und gerade die ursprüngliche (weil vom subjecte ausgehend) von 'gegen, hin' hat dasselbe nicht, wie ich glaube auch nie als red gehabt, da sie sich in einer andern form für prati in pol-, pos, por umbr. pur, griech. noós, noorí, zorí (polliceor, possideo, porrigo, pollex, pollingo, polluceo, polluo, porricio, porrigo) erhalten hat. Da auch hier die bedeutung sowie die übereinstimmung mit den angeführten verwandten klar ist, so bedarf nur das lautverhältnifs noch einiger worte. Oben sind schon posco und rogo zusammengestellt; daraus ergiebt sich mit den dort genannten fällen eine, wenn auch nur seltene, doch nicht abzuleugnende abneigung des älteren lateinischen (man vergl. auch pråk. padi prati, dor. лozí) gegen anlautendes pr, welches im zend immer in fr übergegangen ist; dieselbe tritt auch ganz klar in pius, umbr. peho, piho im verhältnifs zu skr. priya lieb auf, und findet um so mehr ihre erklärung als die zunächst zu erwartende form prad ein solches d gehabt haben wird, was dem r sehr nahe lag, denn wie ar neben ad zeigt sich auch por neben pol u. s. w. in portendo, porricio, wo es nicht aus assimilation mit folgd. r entstanden ist, so dafs die aufeinanderfolge ähnlicher wo nicht gleicher consonanten die abneigung hervorgerufen haben wird.

So hat denn das lateinische aus jener einen präposition prati zwei gebildet und zwar wie es scheint aus einer abneigung gegen bestimmte laute im anlaut, der die lebendige, noch durch keine schrift gefesselte sprache aller zeit bald durch bewahrung des einen, bald des andern der beiden anlautsconsonanten zu entgehen suchte: die spaltung der begriffe kann natürlich erst nach fester sonderung der formen statt gefunden haben, scheint aber nach dem geringen umfang, den die composita mit pol u. s. w. haben in bezug auf dieses nicht recht durchgedrungen, sondern bald in anderen präpositionen ersatz gefunden zu haben.

A. Kuhn.

II. Miscellen.

Frigg, Fiörgyn und rodor.

Man hat für die nordischen götternamen: Frigg und Fiörgyn vielfach unter den noch in deutschen sprachen erhaltenen wur

zeln anlehnungen gesucht alle sehr zweifelhaft, zum theil nur unter annahme sehr gewaltsamer lautentwickelungen möglich und auf sehr wankenden analogieen ruhend. Offenbar sind beide namen aus früheren zuständen der sprache stehen gebliebene, aber in ihrer äufseren form richtig weiter verschobene nomina propria, die auch einst einen sprachlichen sinn ausdrückten, aber aus deutschen mundarten nicht mehr erklärbar sind. Die identität von Fiörgyn und Perkunas hätte das schon zeigen müssen. Frigg ist offenbar das sanskr. Priçni d. h. wohl weniger a die strahlende, glänzende» als: «die besprengerin, die begiefserin.” Fiörgyn ist das skr. Parjanya, d. h. wohl: «der das mischen, das mengen veranlassende» von parjay, dem causativum von prij (spargere, miscere, conjungere). Priçni oder Frigg ist Rudra's (des nachherigen Çiva) gemahlin, die personificirte regenwolke, die mutter (wie Rudra der vater) der Marutas, der winde. Parjany a oder Fiörgyn ist das personificirte gewitter, der leiter der wolkenmischung und des tumultes im gewitter. Rudra selbst, der fürst und vater der himmelswinde, hat seinen namen vom stamme rud (ahd. riozan) weinen das weinen des himmels aber ist das regnen. Er ist der gnädige spender des regens ursprünglich, der wolken- und windeherr aber als sich sein wesen aus einem naturgott mehr zu einem sittlichen gotte entwickelte, und er nunmehr hauptsächlich unter dem namen Çiva verehrt ward, mochte auch der alte name Rudra geläufiger als: weinenerreger, wehklagen veranlasser gefasst werden, so dafs es bequem durch: «der fürchterliche» übertragen werden kann. Gerade wie das angelsächsische wort dôhtor (tochter) unverschoben stehen geblieben ist, während sich der stamm, zu dem es gehört, lebendig aus skr. duh in ags. teóhan (ziohan) verschoben hat - ist neben dem angelsächsisch in reótan, althochd. in riozan verschobenen skr. stamme rud der name Rudra unverschoben stehen geblieben im ags. rodor, einer bezeichnung des himmels, die aus dem gebrauchten schatze deutscher rede auch keine deutung mehr zuläfst. Dies ags. rodor aus Rudra ist verwandt auch sanskritischem rôdas, von derselben w. und auch den himmel als feuchtigkeitspender bezeichnend. Als gott hat Rudra wie in Indien seinen namen schon gröfstentheils gegen hunderte von anderen namen z. b. Çiva (excelsus), Vudhna oder Budhna (excitatio), Ugra (terrificus) etc. - so bei den Deutschen ganz gegen hundert andere namen z. b. die den obigen sanskritischen in

form und bedeutung (?) entsprechenden: Hávi, Ôðinn, Yggr etc. verloren. Unser fürst der himmels winde - dann der stürmischen bewegung auch in geist und leben, Wuotan ist der alte vêdische Rudra, spätere Çiva, nur in der historischen fortbildung, welche wandelung der wohnsitze, lebensweisen und geistigen richtungen nothwendig bringen mochten. Leo.

Wechsel der labialen und gutturalen.

Beim untersuchen niederd. consonantverhältnisse stöfst nicht unhäufig der bekannte wechsel von labialen und gutturalen (wie húzos-lupus, iлños — equus) auf. Hier einige beispiele, bei denen sich die märkisch-niederdeutsche mundart betheiligt:

diupen (dåup, duåpen, dies starkf. verb. kürzlich beachtet; es ist verbreitet genug) úntertauchen; diuken tauchen. kippen und picken, schwach anhauen.

kywit (Hellweg); pywit (Iserlohn); pîwik (Lüdensch.) kibitz. klak und plak fleck, daneben lok, fleck im moral. sinne. klystern kleistern; beklystern beschmutzen; plystern mit lehm, mörtel bewerfen.

knappen und hehd. knacken.

knap und knik, absatz eines berges.

knickern mit schnellkäulchen spielen; anderwärts knippen,

dasselbe.

kriupen und hochd. kriechen.

pælen schallend oder tüchtig schlagen, engl. to peal; ags. pilan tundere. kailen (Iserlohn) und kylen (westl. mark) schlagen. pyp! guck! in: wan de hâwer piep siet; pîpståppen (berg.) versteckenspiel, engl. to peep; kyk! guck! kyken gucken; kukhaüen versteckensspiel.

pläcke, f. und hchd. fliegenklappe, vgl. ags. plätte alapa.

pûpen (bei von Steinen); pypen; pyphänneken kufshändchen; bütsen (Schwelm); buts (westl. mark, berg.); bus (Iserlohn); goth. kukjan; hchd. küssen.

sniärken (iäi) nase rümpfen, anschnauben; snürkel und snüärkel cylindrische kopfhaut des puters; hchd. schnörkel; ahd. snërfan.

sik schrömpen vüär, genau engl. to shrink from, vor einer

sache zurück schaudern, nicht dran wollen, z. b. hai schrömpet sik vüär der arbäit, vüär der kelle.

swampen, vom schwankenden boden; wampeltüägesk, von pferden, die nicht gleichmässig ziehen; hchd. schwanken; ahd. wanchal.

swiepe (swippe) peitsche; engl. switch (=swicke), oder wäre letzteres berg.-märk. smicke rute, vgl. dän. smäkke klatschen, schlagen, wozu sich der Altenaer idiotism macke handschlag gesellt, z. b. gief dem hæren 'ne macke, min süenken!

swippeful und swickeful zum überschwank voll; swicke und swechte (swikede) bedeuten menge. z. b. 'ne swechte väegel. stuårpeln stolpern und stulkeln (bei von Steinen); stuårkeln straucheln; foppen und mnd. vocken.

Iserlohn.

Fr. Woeste.

p.

cena.

Ritschl in seinen überaus reichen prologomena zu Plautus XCVII. sagt: Ut reliquas vocales absolvam et cena etc.

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ut scriberem, Ambrosiani me auctoritas movit, quoniam in his, quae e, ae, oe literarum discrimine vertuntur, quo recentiores sunt, eo fidei minus codices habent. Bergk nun in seiner jüngst in der zeitschrift für klass. alterthum abgegebenen beurtheilung der ausgaben des Plautus von Fleckeisen und Ritschl rügt diese schreibung und hält dafür, man dürfe nicht einer feststehenden etymologie gegenüber unbedingt den immerhin jüngern handschriften folgen; drum sei coena zu schreiben, da das wort für co-edna, coesna stehe. Wir wollen über das orthographische princip bei der herausgabe von alten schriftstellern nicht streiten, obgleich wir das von Bergk geforderte durchaus nicht anerkennen; aber in diesem falle stimmt die etymologie mit der überlieferung des manuskripts aufs trefflichste zusammen. Denn cena lautet im umbrischen çes-na und cenati çersnatur. Vgl. glossar zu den umbr. sprachd. s. v. H. Schweizer.

Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin, Grünstrasse 18.

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