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gen.

Leibe, wird aus einem fernen Lande ankommen, fich des fchinefifchen Reiches mit Gewalt bemächtiWir werden diefen Fremdlingen unterthan werden, und all unfer Sträuben dagegen wird nichts helfen. Wer follte unter diefen aus fernen Landen ankommenden Fremdlingen nicht fogleich auf den ersten Anblick unfere gegenwärtig fo mächtigen und fo fiegreichen Britten verftehen, die alle Meere beherrschen, die dem gröfsten Theile des feften Landes ihre Gefetze diktiren, und die den Schinefen fchon fo nahe gekommen? Wer follte ihnen dazu nicht den allerbeften und allerglücklichften Fortgang wünschen! Vielleicht ift die Zeit nicht mehr fern, wo diefs endlich wirklich gefchieht. Aber

welche Veränderung in den europäifchen Staatenverhältnifs dürfte diefs grofse Ereignifs hervorbringen! Und doch wie unglaublich vortheilhaft für alle Europäer! Wie wenn dann eine grofse Kunstftrafse von Paris oder Hamburg oder Wien, oder Konftantinopel oder Moskau oder von London gerade nach Peking fortliefe!" - Die einzige Art, diefes grofse Unternehmen auszuführen, fcheint dem Rec. die zu feyn, dafs der Hr. Graf die Kunstftrafse auf feine Koften aus feinen künftigen jährlichen Einkünften von zwanzig Millionen Thalern anlegte, deren Bezahlung dem Könige von England, als Könige von Hannover, blofs durch die Eroberung von China wird möglich werden.

LITERARISCHE NACHRICHTEN.

I. Todesfälle.

Den 6. Februar ftarb zu Stuttgart am Zungenkrebs im 58. Lebensjahre der Kaifer). Ruffifche Collegien Affeffor, Doctor Med. Guckenberger. Er hatte fich feit mehrern Jahren aus Rufsland und allen Geschäften zurückgezogen und lebte feitdem in gelehrter Musse in Stuttgart. Er war ein Mann von vielen Kenntnissen, befonders in der Botanik, der fein bedeutendes Herbarium auf feinen häufigen Fufsreifen immerwährend bereicherte. In feinen Meinungen hatte er manche Sonderbarkeit und als Arzt war er dem in den fieben zigern Jahren des vorigen Jahrhunderts vorzüglich ftattfindenden Syftem des Waffertrinkens aufs eifrigste ergeben; den Wein wollte er nur als Arzney gelten Jaffen. Auch war er mit dem gewöhnlichen ersten Verhalten gegen neugeborne Kinder höchft unzufrieden, und fchrieb den Müttern zur Belehrung ein Bü chelchen, das allerdings manches Beherzigungswerthe enthalten mochte, allein in einem höchft barocken Tone abgefalst war, fo wie mehrere Auffatze, die von ihm im Morgenblatt und in andern Tageblattern erfchienen. In feinem Teftamente zeigte er fich fehr dankbar gegen alle, die ihn in feiner letzten fürchter. lichen und fchmerzhaften Krankheit beygeftanden hatten, und letzte unter andern Vermächtniffen auch eins von 3000 Fl. für dreyísig Dienftmägde in Stutt gart aus, welche wenigftens 10 Jahre in Dienst feyn oder befonders treu gedient haben müffen, wobey allo nur die Würdigften zu berücksichtigen find: jede

erhält 100 Fl.

Am 27. Februar ftarb der vormalige berühmte Profeffor der Medicin an der Universität zu Tübingen, Dr. K. G. Ch. Storr, im Lauf des 73. Lebensjahrs an Seine naturhistorischen bedeutenden Entkräftung.

Sammlungen waren fchon früher für das Königl. Naturalien Kabinet zu Stuttgart angekauft.

Den 12. März starb zu Plieningen, Diöcefe Stuttgart, der ehemalige Profeffor am Königl. Ober- Gymalium zu Stuttgart M. Ch. F. Kielmanu, feit 1817 Pfar

rer zu Plieningen. Geb. zu Schorndorf den 22. November 1750.

II. Vermifchte Nachrichten..

(Stuttgart.) Die Sache des Nachdrucks kam bey den würtembergischen Landständen im Junius d.. zur Sprache, und da die zweyte Kaminer gemeint hatte, der Nachdruck fey nur durch eine allgemeine Maafsregel von ganz Deutschland abzuftellen, (als ob nicht jeder einzelne Staat das Recht und die Verbindlichkeit habe, lich auf den Standpunct der Gerechtig keit zu stellen, wie einige Staaten es in Hinficht des Büchernachdrucks wirklich gethan haben, und als ob diefs nicht dann ein Impuls für andere werde, das Nämliche zu thun), fo wurde eine Adreffe beliebt, worin die Regierung gebeten würde, fich bey dem Bundestage wegen einer bereits feit 1815 von demfelben verheissenen Gesetzgebung gegen den Nach. druck zu verwenden, und der zweyte Antrag zu diefer Adreffe: dafs, im Fall diefes Gesetz bis zur nächsten Verfammlung nicht erfchienen, wäre, die Regierung geberen würde, der Kammer dann einen Gefetzes Entwurf gegen den Nachdruck zur ver faffungsmässigen Berathung mitzutheilen, verworfen. Diefs mufste von einer felbftftändigen Verfammlung, in welcher das Unrechtmässige des Büchernachdrucks öffentlich anerkannt wurde, höchlich überraschen. Die Nachdruckerpreffen find denn auch aufs thätig. fie in Uebung.

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ALLGEMEINE LITERATUR-ZEITUNG

SCHÖNE KÜNSTE,

December 1821.

STUTTGART u. TÜBINGEN, in d. Cotta. Buchh.: Die Albaneferin. Trauerfpiel in fünf Akten von Müllner. 1820. 255 S. 12.

Ni

icht nur in den meisten unferer zahlreichen, (immer alltäglicher werdenden) Tagesblätter, fondern leider felbft in einer fonft fehr achtbaren wiffenfchaftlichen Zeitfchrift, dem Hermes, ift be. kanntlich diefe neueste Tragödie des unftreitig tieffinnigften unfrer jetzigen dramatischen Dichter, auf eine fo wegwerfende Weife beurtheilt worden, dafs, hätten wir diefen Stimmen auch nur zur Hälfte glauben wollen, das Werk felbft wohl nie von uns gelefen und genauer betrachtet worden wäre; fo herabwürdigend fprachen jene Gegner des Vfs. davon, als fey es ein ganz gewöhnliches, kaum mittelmäfsiges Machwerk, das auch fo gar keine Beachtung verdiene. Gegen dergleichen abfprechende Urtheile aber schon längst durch vielfache Erfahrung mifstrauifch gemacht, liefsen wir uns dadurch nicht abfchrecken, die Dichtung felbft zur Hand zu nehmen, um mit eignen Augen zu sehen, zumal da auch uns die polemifche Stellung, welche es Hn. M. leider beliebt hat, feither gegen mehrere Journalisten, Schaufpieler, Bühnen-Principale, Theaterkritiker, Tafchenbuchfchreiber, Buchhändler u. f. w. (feiner Würde, als eines unferer geistreichften vaterländifchen Dich ter, offenbar fo ganz zuwider,) anzunehmen, nur zu wohl bekannt ift. Wir leugnen indefs nicht, dafs wir doch mit manchem Vorurtheil gegen die Albaneferin durch jene Urtheile feiner von ihm gereizten Widerfacher erfüllt, ans Werk der eignen Prüfung gingen. Mancher Tadel fchien uns gerecht, manchem wufsten wir nicht fogleich zu begegnen, Vieles aber mufsten wir fofort verwerfen, wohin namentlich alles dasjenige gehörte, was die gröbften Nebenabfichten offenkundig an fich trug. - ,,Man fühlt die Ab ficht, und man ift verftimmt!"

wie in der Kunst felbft, eben fo, und noch viel mehr, bewährt fich diefes Göthelche Wort in der Kunstkritik. Es kann einem reinen, für das Schöne empfänglichen Gemümüthe nicht leicht etwas widriger erfcheinen, als das Edelfte mit dem Gemeinften, das Höchfte mit dem Trivialsten fo vermengt zu fehen, wie diefs jetzt fo häufig in Urtheilen über Gegenstände der Kunft von Leuten gefchieht, die, weit entfernt, dafs die Kunft ihnen das Höchfte wäre, vielmehr die erbärmlichsten Nebenabfichten verfolgen.

Das alles aber bewog uns nur mehr und mehr, tiefer und tiefer in das vorliegende Kunstwerk einzu A. L. Z. 1821. Dritter Band.

dringen, und durch wiederholtes Lefen und Prüfen von den Schlacken der mitgebrachten Vorurtheile gereinigt, gelang es uns erft, den reichen Schatz des Schönen, der darin verborgen ift, zu Tage zu fördern und uns anzueignen. Die Albaneferin scheint uns den Charakteren im Leben verglichen werden zu müffen, die uns anfänglich kalt und ungerührt laffen, wenn fie nicht gar zurückftofsen, indem fie mit einer gewiffen Verfchloffenheit erfcheinen, bey denen uns aber, find wir mit ihnen durch längern Umgang nur erft mehr befreundet worden, nachher um fo wohler wird. Wir entdecken dann fortwährend einen Reichthum von Vortrefflichkeiten an ihnen, der unfere Bewunderung ftets rege erhält. Nur wiederholte Lectüre, die genauefte Bekanntfchaft, das innigfte Durchdringen, führt uns bey diefer Tragödie zum wahren Genufs der Kunft, der dann aber auch um fo reicher und belohnender ift. Diefe Mühe aber haben fich freylich die wenig. ften von Müllners Kritikern genommen. Eine gute Anzahl derfelben, namentlich die Schicksalszeloten, fcheinen überhaupt weder Hn. M. in feinen Werken, noch fonft begriffen zu haben, was es denn eigentlich mit der Schickfalsidee in der dramatischen Wir werden Poefie für eine Bewandtnifs habe. diefes weiter unten, fo viel es hier gefchehen kann, mit mehrerem zu begründen fuchen; wenden uns gegenwärtig aber zu einer Anzeige des Werks in dem Sinne, wie wir es aufgefafst haben, und wie fie diefen Blättern würdig feyn möchte.

In den Pallaft des Königs Bafil zu Syrakus werden wir geführt, zu sehen, wie ein grofses kräftiges Gefchlecht erfchüttert und vernichtet wird, mehr durch Leidenschaften, die gegen einander und gegen die einmal bestehenden, durch die Würde des Alters geheiligten Verhältniffe in Leben, Stand und Religion anftürmend fich erheben, als durch die Macht eines in die Handlung eingreifenden Schickfals.

Benvolio, der Leibarzt des Fürften von Albalon. ga, wird von dem Pagen Leontio hereingeführt, dem Könige, der mit befonderm Vertrauen auf feine Kunft ihn zur Heilung feines Sohnes Enrico herbeyrufen laffen, vorgestellt zu werden. Leontio, der luftige Page, macht auf die ihm eigenthümliche humoriftifche Weile, den Arzt mit dem eigentlichen Zwecke feines Hierfeyns bekannt, und bereitet auf die Erfcheinung des Königs vor.

Bafil tritt ein und macht den Arzt mit der Krankheit Enrico's und deren Urfachen bekannt. Hr. M. hat in diefer Scene (die 4te des 1ften Akts) ein Meisterstück, wie wenige Kunstwerke darbieU (4)

ten,

707

ten, vollendet, wir mögen fie als Expofitionsfcene, oder auch abgesehen davon, den Dialog an und für fich betrachten; und nicht gering ift die Verfuchung, diefelbe ganz hier mitzutheilen; es ift uns aber nur geftattet, das Hauptfächliche herauszuheben. Der König felbft erfcheint uns einem Aberglauben huldigend, der den Flüchen und Verwünfchungen Sterbender eine übernatürliche Kraft beylegt; er gefteht dem Arzte, das ihm der Wahnsinn feines Sohnes die Wirkung einer folchen übernatürlichen Urfache fcheine, und als Benvolio über diesen Glauben des Königs fein Befremden äufsert, fpricht der König fich darüber so aus:

Wer fagt dem Menfchen, wo die Grenze fey,
An der Natur und Geifterwelt fich trennen?
Nennt's Zauberey, Befchwörung, Fluch, Verhängnifs,
Das Wort gilt gleich. Es giebt im Erdenleben
Furchtbare Augenblicke der Bedrängnifs,
Die wunderbar des Menfchen Kraft erheben,
Und an fein Wort die Unfichtbaren binden.

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Zeiget

1

Ein Volk mir, wo, bewährt durch alte Kunden,
Gefeyert und geheiligt im Gefang,

Der fchauerliche Glaube nicht zu finden,
Dafs folchen Zauberfpruches dunklem Zwang
Der Sterbliche fich nimmer mag entwinden.

So glaubt der König auch, dafs das Uebel auf über natürlichem Grunde beruhend, nur durch übernatürliche Mittel gehoben werden könne, und die Kunde derfelben dem Benvolio zutrauend, unterrichtet er ihn von allen den Umständen, die ihm die Krankheit Enrico's, wie der Tod Fernando's (feines andern Sohns) entweder unmittelbar herbeygeführt zu haben oder doch zu all' jenem Unheil in entfernter Beziehung zu ftehen scheinen. Diefe Rede des Königs ift folgenden Inhalts: Zwey Söhne wurden aus zwie facher Ehe ihm geboren, aus der erften mit Mathilde von Neapolis Fernando, Enrico aus der zweyten mit Blanka Sanzeri, der Tochter eines ficilianifchen Ritters und Lehenmanns des Königs.- Kraft

eines Reichsgefetzes nun war durch Bafils zweyte Vermählung fein Recht auf die Krone verfallen:

Nie foll der Regent, Wenn ihm ein Sohn lebt aus gelöfter Ehe, [So lautet es (jenes Reichsgefetz)], zu neuem Bündniss fchreiten,

Dafs nimmerdar um künftig Regiment,
Wie zwifchen Dan und Nor einft Fehd' entstehe,
Die zweyer Mütter Erftgeborne ftreiten.
Gefchieht's; fo ift das Reich fofort dem Sohn,
Und fehlt das Alter ihm, die Vormundschaft
Dem Herzog von Camastro zugehörig.

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Schwer Wurd' ihm der Tod; er hatte Kinder. Er Bot alles auf, das Heer zu überzeugen, Dafs es ihm Ernst, den irrgegangnen Sinn Dem heut'gen Spruch des Waffenglücks zu beugen, Viel Ritter wurden weich; ich nicht! Ich schwor Eh mich zu tödten, als ihn zu verschonen. Da heifcht er zum Gebet nur Frift. Er warf sich hin, Streckt' über's Haupt hoch feine Link' empor, Und rief das Schickfal auf und die Dämonen,

Wie er mich richtet," rief er: „richtet ihn! Reiht an fein Unrecht alle Folgen, die Mein Recht bewähren! Fahl und blutig, wie Zur Erd' er schleudert mein gehafstes Haupt; Hoch in der Luft, auf einem Pfahl der Schmach Zeigt ihm ein Haupt eint, das er liebte! Raubt, Wie das Gesetz er durch zwey Weiber brach, Raubt ihm durch Ein Weib Beider Mütter Söhne, Und lafst fein Grabmal ohne Kindesthräne!"

Des Königs Wink befahl, das Haupt des Rebellen fiel, aber der fürchterliche Fluch des Sterbenden grub Unheil drohend tief fich dem Gedächtnifs Bafils ein. - Doch blieb ihm das Vertrauen auf eigne Kraft, durch die er des Fluches Gewalt unfchädlich zu machen fich vorfetzte. An des Königs Lajus Schickfal, und an den polnifchen Bafil (in Calderons Das Leben ein Traum) wird hiebey erinnert; doch nicht gewaltfam und durch Frevelthat, wie von jenen Beiden, wird der Kampf gegen das Ge fchick begonnen; Bafil thut nichts, was wider ein Gesetz der Sittlichkeit wäre.

Bruderhafs

Schien klar in der Befchwörung angezeigt;

Zur Bruderlieb' erzog ich fie."

Der König fährt fort zu erzählen, wie er die Un. gleichheit der jugendlichen, fich diametral entgegen. gefetzten Naturen der Knaben zu freundlichem Be gegnen, zur reinsten Harmonie zu führen verfucht

habe.

Sein Werk gelang über allen Wunfch. Die und ftark genug, die fchwerften Opfer zu bringen; Liebe beider Brüder ward zur Bewunderung gross,

Fernando will felbft fein Recht an dem Throne dem Bruder willig abtreten, und diefer begeistert ob Fernando's Seelengröfse

Warf fich, der Sitte quitt, an meinen (des Königs) Hals,
Und rief:,,Erft jetzt dank' ich Dir für mein Leben!
Nicht ohne Makel ward es mir gegeben;
Jetzt bin ich rein, bin eins mit mir, kein Trieb
Nach Herrschermacht regt fich in meiner Seele;
Denn ich bin frey, bin König, ich bin mehr:
Ich herrfch' allmächtig in Fernando's Brust!"

Seht, da vergofs ich Thränen inn'ger Luft,
Und die Dämonen wähnt' ich überwunden.

Doch war ein Unheil noch zu fürchten, als beide Brüder auf einer Ritterfahrt nach Italien in Albalonga verweilten, wo der wegen ihrer Schönheit allgemein bewunderten Albana Vater, der Fürft Savelli herrschte; was konnte eine Leidenfchaft, zugleich im Bufen beider Brüder angefacht, erzeugen? Doch Enrico kehrte zurück, für des Bruders Wohl felbft um den Vaterlegen zu bitten,

Und

Und Syrakus fah feines Königs Erben

Sich mit der Jungfrau'n trefflichter vermählen. Doch neues Unheil führte der Zeiten Lauf herbey. Almanfor, der Tunefer Häuptling, von Enrico gereizt, erscheint mit Kriegsmacht zu Meer. Eine Schlacht wird gefchlagen, und der Feind überfällt Siciliens Ufer. - Fernando eilt mit gewaffneter Hand ihm entgegen, wird von feinem Heere abgefchnitten, gefangen auf die Flotte geführt, und als Bafil, der ihn zu unterstützen nachgeeilt, die Küfte erreicht, fieht er des Sohnes Haupt,

Sciu blutig Haupt, mit Helm und Federzier,

Hoch in der Luft, auf einem Pfahl der Schmach! So fchien ein Theil jener furchtbaren Verwünfchung erfüllt, doch glaubt der König noch den andern Sohn, der über den Verluft des Bruders erft von fchwerer Krankheit, und dann von Wahnfinn erer hofft die griffen wurde, retten zu können, Rettung durch Benvolio's geheime Kunft. Eine Scene mit Onophrius, dem Kardinal-Minifter, klärt über den innern Zuftand des Reiches auf, in fo fern diefer auf die Handlung Beziehung hat, und fchliefst den ersten Akt.

Wiewohl wir nun bey der Hauptfcene diefes Aktes fchon lange verweilt haben, so ist damit doch bey weitem noch nicht die Hälfte gefagt, was über diefes meisterhafte Ganze gefagt werden könnte und follte. Die Sprache ist unübertrefflich, geistreich, kräftig, stark, voll glühenden Lebens, wie befonders von des Königs Charakter zu erwarten. Die Steigerung des Schmerzes, welchen der König bey feiner Erzählung empfindet, ift unnachahmlich fchön. Die Zeichnungen der Charaktere der beiden Brüder endlich find mit wenigen, aber fichern und fcharfen Zügen glücklich vollendet

Zweyter Akt. Benvolio in dem Gemache Aibana's, hat diefer die Briefe ihres Vaters überreicht. Der fortgehende Dialog zeigt uns Benvolio zugleich als den Jugendlehrer, ja als den väterlichen Freund Albana's; und fo find Albana's Mittheilungen an denfelhen über ihre genaueren Verhältniffe zu Enrico und Fernando hinreichend motivirt. fchildert ihren frühern Hafs gegen Enrico, ihre Eiferfucht ob feiner unbegrenzten Bruderliebe, durch die fie ihr Verhältnifs zu Fernando betheiligt geach

tet.

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Albana

Wie fie ihn darum gehafst, und wie er ih ren Hafs mit gröfserem erwiedert. Wie fie ferner nach ihres Mannes Tode den Kranken gepflegt, fie allein ihm nur nahen dürfen; durch fie ward er gerettet, doch dem kaum Genefenen kehrte auch der alte Hafs zurück; nie darf fie wieder vor ihm erfcheinen. Benvolio kommt dadurch zu der Vermuthung, dafs des Prinzen Krankheit noch einen andern Grund habe, als des Bruders Tod; er verlangt eine Zufammenkunft zwifchen Albana und Enrico. Der König naht mit Enrico, Albana entfernt fich. Enrico tritt in den Saal, ein Anfall seiner Krankheit hat ihn bey der Nachricht von Benvolio's Die BeAnkunft fortgetrieben, diefen zu sehen.

finnung kehrt ihm auf einen Augenblick wieder, er begrüfst Benvolio, der ihm vom Könige vorgestellt wird. Benvolio lenkt das Gespräch auf Albana. Enrico fpricht feinen unbegrenzten Hals gegen fie aus, weil fie des Bruders Herz ihm entwendet! Von neuem verfällt er in feinen Wahnfinn, er glaubt den Bruder vor fich zu fehen, zieht das Schwert, zu offner Fehde ihn fodernd und fchlagfertig dringt er auf den König ein. • Benvolio entwindet ihm das Schwert, diefer und der König entfernen fich, während der Prinz befinnungslos dafteht. volio erweckt den Prinzen und führt das Gespräch von neuem auf Albana, und ihre Liebe zu Fernando. Diefe tritt, als fie das verabredete Zeichen, Fernando's Namen, rufen hört, von Enrico unbemerkt, in den Saal. Diefer läfst dem Ausbruch feines Haffes freyen Lauf, und als die Urfache deffelben nennt Albana's Falfchheit gegen ihn und den Bruder. - In feiner Krankheit habe fie ihn gepflegt, als fey er Fernando.

er

Ben

Den fieberkranken Verftörten Sinn beredete ihr Bild u. f. w. Ich fey, ich felbft, Fernando, ihr Gemahl Ich ich fey er, den fie betrog, wie mich. Dann fährt er fort zu erzählen: wie damals, als er mit dem Bruder in Italien gewefen, Albana ihm Liebe geheuchelt, und endlich fich von ihm zu dem Bruder hingewendet. Da tritt Albana, ihrer nicht mehr mächtig, hervor, ihn deffelben Fehlers Er, anklagend, deffen er fie fo eben befchuldigt. fich befinnend, gefteht es ein, und verwünscht sein Albana wendet fich von damaliges Betragen. neuem an ihn, und endet mit den Worten: Vernimm, was Du zu faffen nicht vermagst, Die Wittwe, die fo bitter Du verklagt Enrico! Du wart ihre erste Liebe. Enrico ergreift ihre Hand, fie entzieht fich ihm, und Er finkt, des Bruders gedenkend, mit eilt fort. dem Ausruf: „o! Fernando!" zu Boden.

So ift die feltene Saat von Fluch und Aberglauben, von glühender Leidenfchaft und unbegrenzter Bruderliebe geworfen in die Furche der Zeit; und zwifchen Furcht und Hoffnung fchwebend erihre warten wir ihr Wachfen, ihr Blühen Frucht!

Dritter Akt. Albana will Syrakus verlaffen, fie will Enrico, feitdem fie im fürchterlichen Drange des Augenblicks jenes Geftändnifs ihm gethan, nicht wieder fehn. Sie darf es nicht als Gattin Fernando's, den fie einft wie einen Gott geliebt.

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Zu Niedrigem nicht steigt Albana nieder, Das Herz, das er verwarf, verwirft ihn wieder. Der König naht, durch Benvolio unterrichtet, dafs er, nur wenn Albana bleibe, für den Bestand feiner Kur Gewähr leifte. Albana beharrt indefs auf ihAlbana beharrt indefs auf ih ren Entschluss. Enrico, der zugleich mit Bafil eingetreten, wirft fich an feine Bruft mit den Worten: Fort aus ihrer Nähe,

Dafs ich nicht höre, was das Hirn verrückt!
Dafs ich die tödtliche Geftalt nicht fehe,
Die meinen Geift in ihrem Arm erdrückt!

Als Bafil in diefen Worten des Irrfinns blinden Hafs von neuem zu erwachen fehen glaubt, bricht Enrico mit dem Geständniss seiner Liebe hervor:

Der Hafs?

In mir? Wenn Feuer Froft gebiert, das Eis In Flammen lodert, wenn dic Elemente, Die feindlichen, Natur und Namen tauschen; Wenn ihren Ort der Menfchheit Pole wechseln, Und fich mit feinem Gegenftand der Abscheu In des Befitzes Wonnetraum verföhnt: Dann nennet Hafs, was meine Bruft verzehrt, Was ich empfinde, feit ich fie gesehen. Tief erschüttert glaubt der König nur wieder einen Theil jenes Fluches erfüllt zu fehen: „Raubt ihm durch Ein Weib beider Mütter Söhne." Er wähnt, dafs der Tod Fernando's durch Enrico's Leidenfchaft herbeygeführt fey, und verflucht diefen.

Enrico, aufser fich über den ungeheuern Ver. dacht, von der entfetzlichften Quaal gepeinigten Selbftgefühls ergriffen, erklärt den wahren Zufam menhang der Dinge. Er liebte Albana, ohne es ihr jedoch geftanden zu haben, und im Begriff fchon, feinen Bruder die Wahl feines Herzens zu entdecken, vernimmt er von ihm fein eignes Geftändnifs. ,,Furchtbar," fo fährt er in feinem

Geftändnis fort:

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Furchtbar war der Augenblick. Es galt Den Sieg, wo keine Zeit war für den Kampf. Doch er Rand vor mir, fie war fern dem Auge. Er hatt' als Kind, als Knab', als Jüngling mir Der Opfer taufende gebracht das höchfte Gut, Nach dem die Freyheit trachten kann auf Erden, Der Krone Glanz, das Recht der Majestät u.s. w. Vergilt! rief's in mir. Ich entfagte. Und feitdem nur bemüht, die Braut dem Bruder zuzuwenden, fuchte er ihren Hafs fich zu erwerben, um ihre Liebe von fich abzuwenden. Bafil, ergriffen von dieser nie erhörten Seelengröfse, von

-

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folcher Macht der Freundschaft und der Bruderlie. be, preift das gelungene Werk feiner Vaterforge. Mit bittendem Blicke anf Albana schliefst er dea theuern Sohn in feine Arme. Jene weigert anfangs, Bafils Bitten fich geneigt zu zeigen, doch von neuem dringt jener in fie, und feinem Flehen weichend, und vor Enrico's hohem Geift fich beugend, bricht fie in das Geftändnifs aus:

Der Jungfrau Liebe, die Ihr grofs verfchmäht,
Erwacht gefteigert in der Wittwe Blicken.
Sie darf Euch licben, Ihr feyd tugendhaft.
Prüft Euer Herz, ergründet feine Kraft,

Sich rein zu der, die Euch erkannt, zu wenden; Mein Schickfal liegt in Eures Vaters Händen. Albana geht rafch ab. - Enrico, plötzlich auf die nie geahndete ungeheuere Höhe des Glückes gerissen, fpricht den Sturm und die Wonne feiner Gefühle in Worten aus, wie lie feinem kraftvollen, heftigen Charakter nur immer angemeffen feyn können. Hr. M. hat in diefer Stelle des Werkes einen redenden Beweis gegeben, wie vollkommen er den Ausdruck der höchften Energie zu fchaffen vermag und wie er auch die Sprache der glühendften Leidenschaft in feiner Gewalt hat. Sie ist ein wahres Meisterstück ly rifcher Pathetik.

Onophrius tritt auf. Der König macht ihn mit dem eben Gefchehenen bekannt. Er aber bemerkt, dass es sicherer Beweife von Fernando's Tode bedarf, wenn die Kirche das neue Bündnifs bestätigen foll. Man hofft fie von dem Calabrefen Orlando, der mit Fernando gefangen wurde, und den man im Gefolge des eben von Tunis in Syrakus angelangten Don Manuel, Sohn jenes Herzogs von Camaltro, vermu thet, zu erlangen. So fcheint die vom Dichter in den beiden erften Akten geftreute Saat zu erfreu licher Blüte aufzukeimen, die feindlich fich begegnerden Elemente find ausgeföhnt, und hoffend sehen wir den Vorhang finken.

Vierter Akt. Mit einer friedlichen, heitern Handlung beginnt er. Enrico belohnt den Arzt mit feinem Ringe. Enrico's Worte machen ihn zu einer finnigen Gabe:

Todt ift der Feind, den Du bekämpfteft: fieh
Der grofse Stein hier deckt des Todes Grab,
In diefer Höhle liegt Dein Feind gefangen,

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