Untersuchungen zur neuren Sprach- und Literaturgeschichte, Volume 13

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1912

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Page 197 - Wort allerdings nur dies bedeutet; keinesweges aber läugnen. sondern vielmehr ausdrücklich erinnern und einschärfen, dass die Eine ewige Idee in jedem besonderen Individuum, in welchem sie zum Leben durchdringt, sich durchaus in einer neuen, vorher nie dagewesenen Gestalt zeige...
Page 55 - Charakter zugrunde gehen lassen, aber er muß uns zugleich zeigen, daß der Untergang unvermeidlich, daß er, wie der Tod, mit der Geburt selbst gesetzt ist. Dämmert noch die leiseste Möglichkeit einer Rettung auf, so ist der Poet ein Pfuscher. Von diesem Gesichtspunkt aus ergibt sich dann aber auch eine viel höhere Schönheit und ein ganz anderer, zum Teil umgekehrter Weg, ihr zu genügen, als diejenige war, die Goethe anbetete
Page 8 - Das Drama, wie ich es konstruiere, schließt keineswegs mit der Dissonanz, denn es löst die dualistische Form des Seins, sobald sie zu schneidend hervortritt, durch sich selbst wieder auf; es stellt, wenn ein Gleichnis erlaubt ist, die beiden Kreise auf dem Wasser dar, die sich eben dadurch, daß sie einander entgegenschwellen, zerstören und in einen einzigen großen Kreis, der den zerrissenen Spiegel für das Sonnenbild wieder glättet, zergehen.
Page 19 - Wenn der Mensch sein individuelles Verhältnis zum Universum in seiner Notwendigkeit begreift, so hat er seine Bildung vollendet und eigentlich auch schon aufgehört, ein Individuum zu sein, denn der Begriff dieser Notwendigkeit, die Fähigkeit, sich bis zu ihm durchzuarbeiten, und die Kraft, ihn festzuhalten, ist eben das Universelle im Individuellen, löscht allen unberechtigten Egoismus aus und befreit den Geist vom Tode, indem er diesen im wesentlichen anticipiert...
Page 77 - Übrigens ist ein jedes Drama nur so weit lebendig, als es der Zeit, in der es entspringt, dh ihren höchsten und wahrsten Interessen, zum Ausdruck dient...
Page 62 - ... müssen. Es mag ein reizendes Spiel für sie sein, vielleicht am pikantesten, wenn sie das hervorruft, was ihre ewigen Zwecke stört oder doch durchkreuzt, denn für sie bleibt jede trotzende Erscheinung ja nur ein Kind, dem der Vater Waffen zum Zeitvertreib gegeben hat und das ihn damit bedroht. [3167] Daß in der dramatischen Kunst die Versöhnung immer über den Kreis des speziellen Dramas hinausfällt, werden wenige begreifen.
Page 7 - Er will Versöhnung im Drama — wer will sie nicht? Ich kann sie nur darin nicht finden, daß der Held, oder der Dichter für ihn, seine gefalteten Hände über die Wunde legt und sie dadurch verdeckt!
Page 2 - Hierbei ist nicht zu übersehen, daß die dramatische Schuld nicht, wie die christliche Erbsünde, erst aus der Richtung des menschlichen Willens entspringt, sondern unmittelbar aus dem Willen selbst, aus der starren, eigenmächtigen Ausdehnung des Ichs, hervorgeht, und daß es daher dramatisch völlig gleichgültig ist, ob der Held an einer vortrefflichen oder einer verwerflichen Bestrebung scheitert.
Page 10 - ... der Tod einen Blick in die Verwirrung tun läßt und auf den Punkt, von wo aus die Übersicht möglich wird, erhebt, sterbend gegen ihn ausspritzt, aufgelöst erscheinen zu lassen, er darf nicht weiter kommen, als zu einer Ahnung seines Mißverhältnisses zur Welt, zum Nachdenken über sich selbst. Leonhard ist ein Lump, aber eben deswegen - ein Lump kann nichts Böses tun!

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