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IV.

Beiträge zur Geschichte der Urwelt.

(Aus Magister Christian Lehmanns, Pfarrers zu Scheibenberg, historischem Schauplage über das Meißner Erzgebirge. 1699. 4)

Obgleich dieser Mann unter die Fabler feiner Zeit ge

hört und eine gute Portion unglaublicher Dinge in seine Topographie mit aufgenommen hat, so läßt er doch wenigstens nichts unbemerkt. Man sieht es dieser Schrift durchgángig an, daß es ihrem Verfasser wirklich um die Wissenschaft und Kunde des Vaterlandes zu thun war. Er giebt eine sehr genaue Übersicht aus damaliger Zeit über das Erzgebirge, verweilt an jeder, merkwürdigen Stelle, und nimmt, wie Sebastian Münster in seiner Cosmographie, selbst chronologische Begebenheiten und Naturereignisse getreulich mit auf. Geographen, Topographen, Geognoften haben ihn benust und auch Büttner in seinem Rudera diluvii testes schöpfte aus ihm manches Merkwürdige; daher ich hier Einiges für das Archiv der Urwelt daraus mittheilen will,

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Man findet, sagt Lehmann in der andern Abtheilung feines 1. Cap. pag. 29, an dem hiesigen Gebirge genuga same Spuren und Merkmale einer erschrecklichen Zornfluth, dadurch sind die hohen und steilen Gebirge zerstuffet, das Pfeilergesteine niedergestürzt, (er meint nämlich den Basalt bei Scheibenberg) und in viel hundert tausend schwarze große Wacken, welche oft mehr als hundert Centner wiegen, zerrissen worden, wovon' das Vor-, Hinter- und Mittelgebirge bedeckt liegt. Da siehet man, wie die wüthende Fluth große ungeheure Stücke des steilen und guten festen Gebirges abgestoßen, und in einem Schwall auf die andere Seite hinüber geworfen, vielerlei Geschiebe von Stufen, von Stücken und Flögen abgerissen, unter

el hen verschobenen Berggeröllen bis dato so viel Reisterwerk, ja auch große starke Bäume, so theils in Stein verivandelt, von den Bergleuten entdeckt worden.

Der Berg bei Scheibenberg ist abermals ein Zornspiegel der schrecklich eingerissenen Sündfluth, wie die andern. Sie hat hier die Felsen gewaltig zerfleischt, und die Wacken weit und breit umher geworfen, zersplittert und einige Flintenschüsse weit fortgeschleudert *).

Aus Hageos Berichten führter folgendes an: A. c. 785 hat man in der Stadt Tetin in Böhmen bei Gras bung eines Kellers ungeheure Riesengebeine gefunden, daß zwei Männer kaum den Hirnschädel umklaftern konnten.

*) Da ich mich von der Wahrheit dieser Beschreibung an Ort und Stelle selbst überzeugt habe, so merke ich bloß an, daß Lehmann in aller Unschuld die Wirkung eines dortigen alten Vulkans beschreibt, ohne daß er es ahnet; denn es haben dort etliche ihre Werkstätte gehabt.

Die Schienbeine waren 26' lang und wurden daselbst auf dem Schlosse Wunders halber aufgehängt.

Man darf nur statt Riesen, Mammuth sehen und eis nige Schuhe von den Schienbeinen abbrechen, so bekommt die Erzählung einige Wahrscheinlichkeit; denn bekanntlich findet man gewöhnlich die Scheitel dies r Thiere nebst den Hüftknochen und Zähnen gut erhalten, und Unwissende mögen wohl schon oft Schienbeine in den leßtern geseben haben. Als Beleg, hierzu kann folgender Bericht gelten, welchen Lehmann mit anführt. Anno 1645 haben die Schweden bei Ausfahrung eines Grabens zu Crains in Östreich oben am Berge einen Riesenkörper von unglaub licher Größe ausgegraben. Der Kopf dieses Monstrums war allein einer runden Tafel gleich, die Armbeine mannsdick, und ein Zahn wog 5; Pf. Das Exemplar wurde dem Kaiser zu Wien verehrt. Theat Europ. Fol. 974. pag, 13.

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Anno 1650 erweiterten die Grünbacher Bauern ihren Kirchhof, und da sie den Grund zu der Mauer gruben, fanden sie ungeheure große Menschenknochen, die Jedermann in Erstaunen sehten.

1652 ließ der Amtmann Rechenberg in Wolkenstein den Altar in der Kirche erneuern, von Marmor, und da man den Grund suchte, trafen die Arbeiter auf große Menschenknochen, welche 12 Zoll långer waren, als die gewöhnlichen.

1618 fand der Förster Mat Hausdörfer, in der Scheiben, unter einem vom Winde, umgestürzten Baume, eine 18" lange stählerne Streitart, aus welcher er zwei große eiserne Keile zum Holzspalten machen ließ. Welcher Arm mag diese geschwungen haben?.

Anno 1638 ließ Christian Meyer, ein Hammer-Herr Neuntes Heft.

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auf Unter - Instadt ein Stück Wald roden, da fanden die Bergleute unter vielem verrosteten Eisen auch ein rostiges Kreuz von einem Schwerte, dessen Knopf allein 14 Pf. wog.

Lehmann führt an mehrern Stellen alte Schlachtplåge an, wo große Waffen gefunden worden sind, und viele tausend menschliche Knochen, deren Alter man um deswillen sehr hoch hinauf sehen kann, weil man weiß, daß das Erzgebirge erst gegen das 13te Jahrhundert angebaut wurde, und vorher voller Wüsteneien und Wälder war, die kaum für Reisende gangbar waren. Ich glaube aber wohl, daß die mehresten dieser Wahlplähe von den Zügen der Markomannen unter Marwig herrühren, über deren topographische Lage man in der Geschichte ohnedieß noch zweifelhaft ist.

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In den Bergstollen der Erzgebirger Gruben wird oft Ellern und Eichenholz versteinert gefunden. Fabian Sauer gedenkt eines Holzstockes mit Wurzeln bei dem Karlsbade, welcher ganz in Stein verwandelt war.

Anno 1680 trieb man, nach Georg Schüßens Berichte, auf Gottesgabe einen Stollen auf Zwitter ins Feld; man traf auf einen großen versteinerten, Baum, dessen Üste sich weit ausbreiteten, und die man erst mit vieler Mühe durchhauen mußte.

Anno 1690 traf 'man zu Kaden in einem alten Berggebäude viel versteinertes Holz an, fast wie Kohle.

Anno 1680 wurde ein Wehr im Böhmischen Gebirge erneuert, und da man die Grundschwelle aufhob, war sie zu ganz hartem Stein geworden.

Diese beiden letzten Beispiele gebe eine ungefähre Norm an, daß sich das Holz auch in einer kürzern Zeit

versteinern kann, und vielleicht nicht alle Holzversteinerungen, die wir entdecken, aus der Urwelt seyn dürften.

Dies sind einige Berichte von M. Lehmann über das vulkanische Erzgebirge. Weit hinein in die Schöpfung der Lebendigen müssen sie noch getobt und Verheerungen angerichtet haben; denn unter ihrem Schutte entdeckt man auch Reste der Land- und Wasserwelt.

Der Basalt enthält mitunter eingesprengten Olivin und Chalcedon, Hornblende und nicht selten Dendriten; auch enthält mancher viel Eisen.

Wäre der markomannische See und die andern kleinen Seen nicht abgelaufen, die dortigen Vulkane würden noch heute stark brennen; denn die ungeheuren Lager von Schwefelkiese und öftere Erscheinungen lassen noch viel brennbare Vorräthe vermuthen zu Feuerstürmen.

Aber sie ruhen jezt von der alten Gährung aus. Auf ihren Gipfeln erheben sich grüne Tannen und Fichten und üppige Kräuter bedecken den Weg, welchen in frühern Zeiten verderbliche Lavaströme nahmen. Tief in ihren Eingeweiden arbeitet ruhig der emfige Bergmann, weit eher den giftigen Schwaden fürchtend, als ein hervorbre= chendes vulkanisches Feuer. Die alten Schlünde sind erstarret und verschüttet, bis eine neue Veränderung der Dinge die alten Ursachen wieder herbeiführt.

A. Bergner.

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