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sagt *): er sey der sorgfältigste Sammler, der alles wußte, was man zu seiner Zeit wissen konnte, ein Mann von tiefer Gelehrsamkeit, frei und kühn in seinem Urtheile, überall gleich Plinius, immer Original.

Beachtungswerth ist es, wie bestimmt und umståndlich unser Plinius von dem Bernstein überhaupt und besonders auch von seiner Entstehung spricht **).

„Das Glessum oder Succinum, sagt er, ist eine Substanz (medulla), die aus einer gewissen Art von Fichten hervorquillt, wie das Harz von Kirschbäumen und das gewöhnliche Fichtenharz. Bei dem Überfluß der Baume an diesem Harz bricht es von selbst hervor und verdickt sich bei der Winterkälte, oder auch schon zur Herbstzeit. Die wogende See führt dieses Harz, von den glessarischen Inseln weg und wirft es wieder ans Ufer.

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*) In seiner Vorrede zu dem prächtigen Regenfußt. Konchyliens werke.

**) Plinii hist. natur. L. XXXVII. Cap. 3. De ortu et medicinis et generibus et luxuria Succinorum. Certum est, gigni in insula Septentrionalis Oceani et a Germanis appellari Glessum. Nascitur autem defluente medulla, pinei generis arboribus, ut gummi in cerasis, resina pineis. Erumpit humoris abundantia, densatur rigore vel tempore autumnali. Cum intumescens aestus rapuit ex insulis, certe in litora expellitur, ita volubile ut pendere videatur, atque (alii neque), considere in vado. Quod arboris succum esse, prisci nostri credidere, ob id succinum appellantes. Pinae autem arboris esse, indicio est pineus in attritu odor et quod accensum taedae modo ac nidore flagret. Liquidum primo destillare argumento sunt quaedam intus translucentia, ut formicae, aut culices, lacertaeque, quas adhaesisse musteo non est dubium, et inclusas indurescenti. Genera ejus plura."

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Es ist so leicht, daß es im Wasser zu schwimmen scheint. Schon unsere Vorfahren haben es für einen Baumsaft ges halten und es darum Succinum genannt. Daß es das Erzeugniß einer Art von Fichtenbäumen sey, giebt der Geruch beim Reiben und Anzünden zu erkennen. Daß dieses Succinum anfangs flüssig gewesen, beweisen gewisse in demselben durchscheinende fremde Körper, als Ameisen, Mücken und Eidechsen, welche sich in seinem noch weichen (frischen: musteus) Zustande daran gehångt haben und davon umflossen nachmals verhärtet find."

Bald nach Plinius, also noch in dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung, erwähnt auch Tacitus in seiner trefflichen Schrift de situ, moribus et populis Germaniae, Kap. XLV, bei Gelegenheit der geschichtlichen Nachricht über ein mitternächtliches Volk, die Üstier (welches Preußen, Liefland und Samogitien bewohnte) *), des den Römern sehr wohl bekannten Bernsteins.

Er sagt: „Die Üstier find es alleın, die den Bernstein (Succinum), welchen sie Gleß (Glessum) nennen, theils auf den Sandbånken im Meere, theils am Ufer sammeln. Diese Barbaren wissen nicht, geben sich auch nicht die Mühe zu untersuchen, von welcher Beschaffenheit der Bernstein sey, und wie er entstehe. Lange Zeit hat er unter den Auswürfen des Meers unbeachtet gelegen, bis endlich unsere Prachtliebe ihn in Ruf gebracht hat. Die Üstier selbst machen keinen Gebrauch davon; er wird roh gesammelt und in unförmlichen Stücken gelangt er zu uns. Sie wundern sich über den Werth, den wir darauf legen und ihnen bezahlen. Man muß aber wissen, daß der Bernstein ein Baumsaft ist, weil man in demselben sehr

*) 6, Mannert's alte Geographie.

oft einige Landthiere, bisweilen auch geflügelte, bei seiner. Durchsichtigkeit darin erkennt, welche in die weiche Masse verwickelt, nochmals in dieselbe eingeschlossen und mit ihr verhärtet find. Wie nun in den Morgenländern gewisse Wälder und Gehölze anzutreffen sind, aus welchen Weih rauch und Balsam schwigen, so glaube ich auch, daß in dem Abendlande und dessen Inseln Bäume vorhanden sind, deren Saft von den Sonnenstrahlen herausgezogen, noch flüssig ins nahe Meer fällt, und dort spåter bei Stürmen an den entgegengeseßten Strand ausgespült wird *)."

Nach dieser wichtigen Ansicht zweier alten bewährten Schriftsteller unter den Römern, die bei dem häufigen Berbrauch des Bernsteins, sowohl zum Schmuck, als zur Arznei, auch nach dessen Ursprung, Natur und Beschaffenheit sorgfältig geforscht zu haben und auf Handelswegen mit jenen nordischen Völkern und Ländern genauer, als wohl gemeiniglich angenommen wird, bekannt gewesen zu seyn scheinen, fehlt es nun zwar nicht an Bemerkungen

*) Tacitus de situ, moribus etc. Cap. XLV. Sed et mare scrutantur (sc. Aestii), ac soli omnium succinum, quod ipsi Glessum vocant, inter vada atque in ipso litore legunt. Nec quae natura, quaeve ratio gignat, ut Barbaris, quaesitum, compertumve; diu quinetiam inter cetera ejectamenta maris jacebat, donec luxuria nostra dedit nomen: ipsis in nullo usu, rude legitur, informe perfertur, pretiumque mirantes accipiunt. Succum tamen arborum esse intelligas, quia terrena quaedam atque etiam volucria animalia plerumque interlucent, quae implicita humore, mox durescente materia clauduntur. Fecundiora igitur nemora lucosque, sicut Orientis secretis, ubi thura balsamaque sudantur, ita Occidentis insulis terrisque inesse crediderim, quae vicini solis radiis expressa atque liquentia in proximum mare labuntur ac vi tempestatum in adversa littora exundant.

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späterer christlicher Schriftsteller über das fragliche Produkt; sie sind aber der Dürftigkeit und des Mangels an Naturkenntnissen wegen, den einzigen Olaus Magnus ausgenommen *), keiner weitern Erwähnung werth. Erst in den beiden lezten Jahrhunderten tegann eine verständigere Untersuchung und Beobachtung des Bernsteins, der theils seiner Schönheit, theils seiner Wichtigkeit als Handels - Artikel wegen, die Aufmerksamkeit rege hielt, bis man endlich auch zu chemischen Analysen fortschritt, da dann der Zeitpunkt eintrat, wo sich die Meinungen über des Bernsteins Entstehen theilten und die eine Parthei ihn dem Mineral-, die andere dem Pflanzenreich als ursprünglich aus demsel ben hervorgegangen, zuwies.

Zu der lettern Parthei gehören nun unter den Neuern zuvörderst als namhafte Autoritäten, Henkel, Linné, Leske, Sukow, Cronstedt. Hauptsächlich hat aber der Konsistorialrath und Professor Bóck in seiner Naturgeschichte des Königreichs Ost- und Westpreußen **) sich sehr umständlich mit dem Bernstein beschäftigt und die Meinung derer widerlegt, die dessen Ursprung im Mineralreich suchen, ihn als ein Erzeugniß im Innern der Erde darstellen und aus Bergharz, Erdpech, Steindl u. s. w. entste= hen lassen.

Seit dieser Zeit und bei dem immer mehr erweiterten Kreise geognostischer Forschungen, Entdeckungen, Beobach

*) Olaus Magnus, Erzbischof von Upsat, lebte im 16. Jahrh. und schrieb ein Werk unter dem Titel: de. Gentiby septentrional. historia, in dem, neben vielem Abentheuerlichen, auch mehrere schägbare Nachrichten, namentlich über den Bernstein verkommen.

**) Auch im 16. Stücke des Naturforschers findet sich ein dahin gehöriger Auffag von ihm.

tungen und bei den berichtigtern Begriffen von einer Vors und Urwelt, von den großen Veränderungen, und Umstaltungen der Rinde unsers Erdkörpers (denn mehr als die Rinde kennen wir doch nicht und werden wir auch schwerlich kennen lernen), von Überschwemmungen und Austrocknungen großer Landstriche, von Anschwemmungen mächtiger Flöße oder Sandlager, so wie von Versenkungen groBer Erdflächen mit ungeheuren Waldungen und Torfmoo ren, aus denen die Riesenmassen der, Stein- und Braunkohle fich gebildet, gereinigt und gedichtet haben, hat man, die Wahrheit in unzähligen Erscheinungen klar vor Augen sehend, die Meinung von einem rein mineralischen Ursprung des Bernsteins als gänzlich unhaltbar aufgegeben und ihn im Pflanzenreich gefunden.' Die neuern chemis schen Analysen liefern hier zwar kein hinreichendes Resultat zum völligen Beweise der vegetabilischen Erzeugung; es kann aber hiermit der Naturforscher nicht auf's Reine kommen, denn so weit auch die Chemie in der, neuesten Zeit vorgeschritten ist, so viel wichtige Untersuchungen und Entdeckungen hinsichtlich der Körperbestandtheile, Gemengtheile, Auflösung, Verbindung, Verwandtschaft u. s. w. Statt gefunden, haben; so ist doch alles zeitherige menschliche Wissen nur Stückwerk und noch ist es keinem gelungen, die Natur in ihrer innersten Werkstatt zu belauschen. Die Resultate, welche die Chemie gewährt, könnten also auch rücksichtlich des Bernsteins, noch immer zweifelhaftèr seyn, als sie in Betreff des vegetabilischen Ursprungs wirklich sind *); sie würden dennoch die desfallsige Meinung

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*) Maquer und Scheele behaupten, daß sich dieser vege tabilische Ursprung des dligten Theils des Bernsteins und der Säure, bei der chemischen Untersuchung finden lasse. Zwei Männer, die wohl Autorität haben.

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