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richtung der Anstalten für die geistige Ausbildung der Jugend durch Unterricht ganz fehlgegangen werden muß, wenn die wahre Bestimmung des Menschen und des Gelehrten und. die wahre Aufgabe der Unterrichtsanstalten nicht erkannt wird; wenn diese Anstalten von solchen eingerichtet und geleitet werden, welchen selbst fern geblieben ist, was durch die gelehrten Schulen und Universitåten erreicht werden soll.".

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Der dritte Abschnitt handelt: von der Aufgabe der gelehrten Unterrichtsanstalten und von ihrer Lösung. Er umschließt folgende einzelne Gegenstånde: von dem Zwecke des gelehrten Unterrichts; von der Berechnung des gelehrten Unterrichts auf den Nußen und insonderheit den künftigen Geschäftsberuf; von dem Irrthume neuerer Ansichten über, die Nüßlichkeit der Sachkenntnisse ; von dem Rechte der Convenienz; Verhältniß der Lehrjahre zum ganzen Leben; über Vielseitigkeit und Tüchtigkeit; Vers hältniß des Unterrichts zum wissenschaftlichen Studium; Umfang der Aufgabe der gelehrten Unterrichtsanstalten. Dieser ganze Abschnitt verbürgt es, welchen Reichthum von Erfahrungen der Verf. in seiner ehrenvollen amtlichen Stellung über das Verhältniß der gelehrten Bildungsanstalten gegen einander sich erwarb, und wie hoch er den Beruf und Wirkungskreis des wahren Gelehrten stellt. Es ist der Würde der Gelehrsamkeit angemessen, wenn der Verf. (S. 80 f.) ausspricht: „Die gelehrten Unterrichtsanstalten können, ihrem Begriffe nach, keinen andern Zweck haben, als die Einführung in die Gelehrsamkeit. Die Wissenschaftlichkeit, welche in den Zöglingen hervorzurufen das oberste Ziel der gelehrten Unterrichtsanstalten ist, hat zùm Charakter, nächst dem

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reinen Interesse der Intelligenz, die Beziehung aller Kenntnisse auf das wahre Wissen, auf die Erkenntniß, auf die Idee." ,,Die gelehrten Unterrichtsanstalten sollen nicht den Geschäftsmann bilden, sondern den Gelehrten, wiewohl fie, da wieder die Gelehrsamkeit den Geschäftsmann bildet, den größten Einfluß auf das Geschäftsleben haben." --- Da= gegen möchte Ref. nur in einem beschränkten Sinne (S. 89) den Sah des Verfs. unterschreiben: Der Staat hat bei der Bildung des Gelehrten nur das Interesse, daß er zu den für die Staatszwecke, für das allgemeine Beste nöthigen Geschäften geschickt werde." Ref. giebt dies für alle diejenigen zu, welche dereinst in den practischen Staatsdienst übergehen wollen; allein er kann sich auch keinen in der Cultur und Civilisation hochgestellten Staat ohne einen bestimmten Kreis von Månnern in demselben denken, welche unmittelbar und zunächst ihr Leben und ihre Kraft der eigent lichen Gelehrsamkeit und ihrer Fortbildung widmen. Nur dieser Kreis bewahrt das wissenschaftliche Leben in dem einzelnen Staate vor Stagnation.

Völlig einverstanden ist Ref. mit der Unsicht des Verfs. (S. 96), „daß der Unterricht den Zögling nie zu hoch hinauf zu ziehen streben könne," wodurch zugleich die Ansicht widerlegt wird, daß der weniger Fähige mehr zu berücksichtigen sey. Ref. hat die Ueberzeugung, daß der gelehrte Stand nächst der bedenklichen Zeitrichtung auf die bloBen Brodintereffen eben dadurch nicht mehr seine vormalige ehrenvolle Stellung in der Mitte der Staaten behaupte, weil man, ohne Ausnahme, jeden zu dem Studiren zuläßt, der sich anmeldet, ohne seine geistige Befähigung, sein Talent, seine Neigung, seine Vorkenntnisse vorher er

forscht zu haben. Denn wer ohne innern Beruf, ohne einen geistigen Drang, der allen Hindernissen gewachsen ist, der Gelehrsamkeit sich widmet, wird nie in ihr Heiligthum eindringen, sondern sein dürftiges Wissen auf ähnliche Weise als Nahrungszweig behandeln, wie der Schneider die Nadel und der Schuhmacher den Pfriemen.

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Nicht völlig einverstanden ist Ref. mit dem Verf., wo dieser gegen die sogenannten Realien bei der Aufnahme in die Unterrichtsgegenstände gelehrter Schulen sich erklårt. Allerdings ist die classische Bildung das erste Element der Bildung in den Gelehrtenschulen. Allein bei den Fortschritten unserer Zeit in der Didaktik und Methodik ist es möglich geworden, den sogenannten Realien der teutschen Sprache, den neuern Sprachen, der Geographie, der Ge= schichte, der Mathematik, selbst der Logik — wenigstens die kleinere Hälfte der wöchentlichen Lehrstunden zuzuwenden. Dies verlangt dringend der Geist der Zeit, welcher bei dem Gelehrten eine gewisse (nicht oberflächliche) encyklopädische Bildung in Anspruch nimmt. Wie sollen sonst die Gelehrtenschulen neben den sogenannten Real- oder polytechnischen Schulen, neben den Handelslehranstalten u. s. w. bestehen, deren Zöglinge allerdings zunächst mit den Realkenntnissen - vertraut gemacht werden! Man sage nicht, daß man Sprache, Mathematik, Erdkunde und Geschichte des künftigen Nußens wegen erlerne; auch sie verstatten, wie alle Theile der Gelehrsamkeit, eine höhere und rein wissenschaftliche — zunächst auf die geistige Bildung des Zöglings berechnete Auffas fung, und lohnen, wie jedes rein wissenschaftliche Streben, in und durch sich selbst. Namentlich scheint der Verf. (S. 102) im Ganzen zu ungünstig von der Mathematik zu ur

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theilen. Völlig abgesehen von ihrem Inhalte, gehört sie zu den wirksamsten Mitteln, dem Geifte eine klare und bestimmte Richtung im Denken und Handeln zu geben; denn selten wird ein mathematischer Kopf sich durch Verworrenheit und Dunkelheit ankündigen! — Ein wahres Wort enthält aber (S. 115) der Saß: „Der erfüllt weder als Geschäftsmann noch als Gelehrter seine Bestimmung genügend, der nicht seine Gelehrtenbildung durch das ganze Leben fortsett." Die vielen treffenden Aeußerungen des Verfs. über Vielseitigkeit und Tüchtigkeit bei der gelehrten Bildung, so wie über die großen Vorzüge des mündlichen Unterrichts vor dem bloßen Selbststudium und der dictirten Weisheit, muß man bei ihm selbst nachlesen. Gern wird man dann mit ihm in dem Ergebnisse (S. 138) zusammen treffen: „Das zu viel Lehren ist dem zu viel Regieren ganz ähnlich. Der Geist, der gewöhnt wird, zu allem gestoßen zu werden, kann keinen eigenen Schwung, keinen freien Flug nehmen.“

Völlig einverstanden ist Ref. mit dem Verf., wenn dieser die völlige Sonderung der gelehrten Unterrichtsanstalteņ von den niedern Schulen und dem Elementarunterrichte (S. 148) verlangt. Alle Zwittergeschöpfe find Ausnahmen von der Regel, in der Naturwelt, wie in der geistigen Welt!

Auf gleiche Weise tritt Ref. dem Verf. bei, wenn er (S. 155 f.) von den Prüfungen der Zöglinge der Gelehrtenschulen verlangt,,,daß das Urtheil über die Reife eines Jünglings nicht gleichmäßig von seiner Prüfung in verschiedenen Gegenständen abhängig gemacht werden dürfe, die ihn nicht gleichmäßig beschäftigt haben. Im Gegentheile muß nur die Leistung in dem Hauptgegenstande die Entscheidung

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geben; denn hier vorzugsweise muß es sich zeigen, was man eigentlich wissen will, ob die Fähigkeit des Jünglings an irgend einem Gegenstande hinreichend erstarkt sey.” Mit Recht rügt der Verf. (S. 158) den Mangel in der Průfung der Studenten am Ende der akademischen Studien, ,,daß diese Prüfung zunächst nur in Beziehung auf seine künftige Zulassung zu Amt und Geschäft, also über die Broda wissenschaft, nicht aber über seine gesammte geistige Ausbildung geschehe."

Der vierte Abschnitt endlich erörtert die einzelnen Gegenstände der gelehrten Bildung an sich, und als Bildungsmittel. Der Verf. behandelt in 9 §§.: Spräche und Redekunst; Sprachen und Literatur der Griechen und Römer; Mathematik; Naturwissenschaft mit der Medicin z Menschengeschichte; Staatswissenschaft und Staatskunst; Rechtslehre; Philosophie; Theologie und Religion; Kunst.

Wohl möchte Ref. über manche Einzelnheiten in diesem · Abschnitte einige Gegenworte aufstellen; allein die Anzeige dieses gediegenen Werkes ist bereits so angewachsen, daß der Ref. genöthigt ist, abzubrechen, indem er wiederhohlt dieses Werk allen Männern empfiehlt, welchen die Aufrechthaltung der wahren Gelehrsamkeit eine Angelegenheit des Lebens ist.

Verhandlungen des ersten Landtages im Kö

nigreiche Sachsen nach der neuen Verfassung. Ein Beitrag zur Geschichte der Entwickelung des constitutionellen Lebens in Teutschland. Vom Prof. Krug in Leipzig. Leipzig, Teubner, 1833. XIV u. 196 S. gr.8. (im farbigen Umschlage.)

Wenn ein Gelehrter, wie der Verf., der als Abgeord

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