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stimmung zu unternehmenden Regierungshandlungen so verantwortlich gemacht werden, als ob diese nur von ihnen ausgegangen wåren." Mit Recht bemerkt darauf (S. 10) der Verf., daß die Grundsäße der absoluten Monarchie keine Norm seyn können für Beurtheilung der Institute der constitutionellen Monarchie, und leitet darauf (S. 14) aus dem aufgestellten Begriffe folgende vier Såhe ab, welche er im Einzelnen durchführet: 1) Kein Befehl des Monarchen in Regierungsangelegenheiten, welcher nur von ihm vermöge landesherrlicher Machtvollkommenheit erlassen werden kann, hat verbindliche Kraft, wenn er nicht durch das Organ eines Ministers an die Untergebenen gelangt, und wenn er nicht zu dessen Beurkundung von dem Minister mitunterzeichnet ist. 2) Diese Mitunterzeichnung, oder die Vollziehung des königlichen Befehls, wälzt die Verantwortlichkeit, statt des Königs, auf den beiwirkenden Minister. 3) Der Minister hat das Recht und die Pflicht, die Mitunterzeichnung und die Vollziehung des Befehls zu verweigern, wenn der Befehl seiner Ueberzeugung entgegen ist. 4) Der Monarch hat das Recht, den Minister nach Belie ben jederzeit zu entlassen, und seine Stelle anderweit zu befeßen.

Darauf unterscheidet der Verf. genau zwischen der Uebertragung der Verantwortlichkeit des Monarchen auf die Minister, und der besondern Ministerverantwortlichkeit, wo ein Minister, wegen seines Amtes, ohne den 'speciellen Auftrag des Regenten, Unordnungen trifft, für welche er zwar auch verantwortlich ist, aber nur vermöge der allgemeinen Verpflichtung jedes Staatsdieners, für die gehörige Erfüllung seiner Amtspflichten zu haften. Der Verf. weiset nach, daß dieser Unterschied einen

wesentlichen Einfluß behauptet a) auf die Competenz des Gerichtshofes, vor welchem die Sache verhandelt werden muß; b) in Bezug auf das Subject, welchem der Minister verantwortlich ist (ob dem Könige und dem Volke, oder blos dem Volke); c) in Beziehung auf das in Anklagestand zu versetzende Subject; und d) in Hinsicht dar auf, ob der Minister einen, nur unter die allgemeine Kategorie der Beamten vergehen over Verbrechen gehörigen, Dienstfehler beging, oder ob die Handlung gegen die Vorschriften der allgemeinen Landesgeseße verstößt.

Ref. kann dem Verf. nicht weiter in das Einzelne fotgen, wo und wie die Anklage gegen Minister statt finde; welche Strafen zu verfügen seyen; wie der, ohne Richterspruch entlassene, Minister zn entschädigen sey; wer das Recht habe, den Minister anzuklagen; wie der Gerichtshof für solche Anklagen zu bilden sey? u. s. w. Dies alles muß man im Werke selbst nachlesen. Nur darin kann Ref. mit dem Verf. nicht übereinstimmen (S. 73), wenn er die Verwendung eines Parlaments zu einem Gerichtshofe für unzweckmäßig erklärt. Ref. will dies in Hinsicht der Kammern kleiner Staaten zugestehen; allein für England, und Frankreich, wo ganz andere Verhältnisse vorwalten, hålt er eben die Pairskammer für den zweckmäßigsten Gerichtshof in dieser Angelegenheit, freilich nie die zweite Kammer. Ob nun gleich Ref. darin von dem Verf. abweicht, daß dieser „die gewöhnliche Justizbehörde" als competenten Gerichtshof für solche Anklagen darstellt; so stimmt er doch in dem Begriffe der Selbstständigkeit der Justiz (S. 78) mit ihm überein. Er versteht nämlich unter dieser „Selbstständigkeit, daß verfassungsmäßig in jedem Rechts

streite Niemand, außer den dabei betheiligten Personen, und zwar diese nur in dem gehörigen Proceßgange und in dem geordneten Instanzenzuge, einen Einfluß auf die Schritte und Entscheidungen des Gerichts haben darf, fondern daß alle Justizbeamten, außer durch Urtheil und Recht, unab sehbar, und die Besehungen der einzelnen Stel: len in den Gerichten durch das Gutachten der dazu zu bestimmenden Justizbehörden bedingt seyen, so wie, daß kein Justizbeamter ein anderes salarir. tes Staatsamt neben seiner Justizbeamtenstelle verwalten darf. Mit Recht verwirft aber der Verf. (S. 83) ein, aus den Staatsbürgern zu wählendes, Geschwornens gericht für diese Angelegenheit.

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Im zweiten, höchst lehrreichen, Theile stellt der Verf., nächst England, die neuen (theils bestehenden, theils wieder erloschenen) Verfassungen in Hinsicht ihrer Bestim mungen über die Ministerverantwortlichkeit zusammen, Zuerst Frankreich (wo der Verf. sehr ausführlich den Proz ceß gegen das Ministerium Polignac behandelt, ́und über denselben sehr wichtige Ergebnisse aufstellt); dann Polen (Verfassungen von 1791, 1807 und 1815); mehrere it alienische Staaten; Westphalen; Anhalt-Köthen; Bayern (Austritt des Ministers von Schenk aus dem Ministerium); Spanien; Schweden; Norwegen; Niederland; Belgien; Waldeck-Pyrmont; Nassau; Würtemberg; beide Schwarzburg; LippeSchaumburg; Sachsen-Coburg, Weimar, Hildburghausen; Baden; Großherzogthum Hessen; Braunschweig; Churhessen; Portugal; Meiningen; Altenburg; Königreich Sachsen; Hannover.

Alle Leser des Werkes werden den Reichthum der hier zu sammengestellten Stoffe anerkennen, vielleicht aber dem Ref. darin beistimmen, daß die Aufeinanderfolge der Staaten anders geordnet seyn könnte. Namentlich hätten die teutschen und außerteutschen Staaten von einander getrennt werden sollen.

Die Grundlage des evangelischen Pietismus, oder die Lehren von Adams Fall, der Erbsünde und dem Opfer Christi. Nach Gründen der h. Schrift geprüft, mit den Ansichten der chriftlichen Kirche der drei ersten Jahrhunderte verglichen, und nach ihrem Gebrauche für die chriftliche Theologie beurtheilt von D. Karl Gottlieb Bretschneider, Oberconsistorialrathe und Generalsuperintendenten zu Gotha. Leipzig, 1833, Vogel. XII u." 426 S. gr. 8. (1 Thlr. 18 Gr.)

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Gehört gleich die eregetische, geschichtliche und kritische Beleuchtung des von dem Verf. behandelten Gesi genstandes nicht in den Bereich der „Jahrbücher z“ so muß doch dieser Schrift deshalb in denselben gedacht werden, weil der Pietismus selbst namentlich innerhalb der evan=" gelischen Kirche zu den wichtigsten und folgenreichsten Erscheinungen, als eine Krankheit in der intellectuellen und moralischen Welt, gehört, die der umsichtigsten Würdigung und Behandlung der Staatsmånner eben so bedarf, wie der Eintritt neuer Krankheitsformen in der physischen Welt. Wenn nun auch mit dem Verf. darüber verhandelt werden könnte, ob sein Begriff des Pietismus nicht zu eng sey, weil, nach der Ansicht des Ref., der Pietismus unserer Zeit unter zu vielfach verschiedenen Formen im wirklichen Staats leben sich ankündigt, als daß man, mit dem Verf, den

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Grundcharakter des Pietismus zunächst „in das vorherr- schende starke Gefühl von der Verdorbenheit der menschlichen Natur und der Verdammlichkeit des menschlichen Lebens" sehen sollte; so wird man ihm doch darin beistimmen, daß der Pietismus in unsern Zeiten bedeutend hervortritt (S. VII), „Er wird,“ sagt der Verf., „von vielen Seiten gehegt und gepflegt; seine Verbreitung unter dem Volke wird betrieben und begünstigt; er hat seine Länder und Provinzen, seine Schulen und Seminarien, wo er sich einheimisch zu machen strebt; manche der neuesten philosophischen Speculationen Leisten ihm mächtigen Vorschub; unter den jüngern Theolo gen greift er um sich; Manche sind selbst durch ihn fanatiz firt; nicht wenige Stimmen suchen ihn als das Hauptverz wahrungsmittel gegen Revolutionen auszubringen, und weisen darauf hin, daß solche Denkart allein den Schuß der Regierungen verdiene, daß sie allein die wahrhaft evangelische und der Schrift gemäß sey."

Wenn in diesen Thatsachen die politische Seite des Pietismus liegt, und wenn der Verf. Recht hat, daß der Pietismus unserer Zeit weit mehr in der evangelischen, als in der katholischen Kirche vorherrscht; so war eine unparteiische und ruhige Untersuchung der Grundansichten, auf welchen der Pietismus ruht, gewiß an der Zeit. Zwar schrieb der Verf. zunächst für Theologen; er suchte aber die Darstellung so zu halten, daß auch dem gebildeten Laien die Hauptsache verständlich würde. Den lehtern wird be sonders der dritte (kritische) Theil des Werkes in den gehaltvollen Abschnitten ansprechen: „Die göttliche Offenbahrung als eine allmählige Entwickelung der religiösen Ideen. Diese Entwickelung als bedingt durch die wachsende Welt

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