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schöpfender Bericht über diel poetische Nationalliteratur der Romanen bei dem Mangel eines historischen Werkes über diesen Gegenstand nicht von ihm zu verlangen sei, aber da er zugleich von Vorarbeiten spricht, die in dieser Richtung existiren, da sein Vorwort ferner von Kronstadt, also aus der Nähe der Heimath seiner literarischen Schützlinge datirt ist, so wäre es vielleicht doch nicht so unmöglich gewesen, einige der bezeichneten, so wünschenswerthen Notizen herbeizuschaffen. Immerhin bleibt das Unternehmen des Verfassers eine interessante Erscheinung und behält das Verdienst, dass es an seinem Theile dazu beiträgt, eine Lücke in unserer Weltliteratur* auszufüllen.

Dr. Marthe.

Werth der Sprachvergleichung für die classische Philologie. Eine Antrittsvorlesung, gehalten an der Universität zu Gräz am 18. April 1864, von Dr. Karl Schenkel. k. k. o. ö. Professor der class. Philologie. Gräz, 1864. Leuschner & Lubensky.

Der Verfasser characterisirt zunächst kurz die beiden ehemals waltenden Hauptrichtungen des Sprachstudiums, die grammaticalische und die philosophische, bestimmt hierauf das Wesen und die Tendenz der vergleichenden Sprachforschung und führt dann sein Thema so aus, dass er mit raschen Schritten alle Gebiete durchgeht, auf denen die Tochterwissenschaft der Mutter hülfreiche Hand geleistet hat. Er zeigt, wie und an welchen Punkten das Wesen und die Bildungsgeschichte der griechischen sowohl wie der lateinischen Sprache, ihre Laut- und Formenlehre, ihre Syntax, ihre Etymologie, im Griechischen die Accentuationslehre, ferner die Metrik beider Sprachen durch die Sanskrit- und vergleichenden Sprachstudien in helleres Licht gesetzt sind; er weist ferner darauf hin, wie und wo die letzteren das Verständniss der griechischen und lateinischen Literatur gefördert, wie die Urgeschichte der beiden in Betracht kommenden Völker, ihre Mythologie, die Privatalterthümer, endlich worin der Gymnasialunterricht durch jene Studien gewonnen haben. Das Ganze ist ein klarer, bündiger, stets auf Beispiele gestützter Rechenschaftsbericht über die bisherigen Bestrebungen und Leistungen der vergleichenden Sprachforschung, wohl geeignet, jeden philologisch gebildeten Mann, der damit etwa noch im Rückstande ist, anzuregen, sich wenigstens mit den Resultaten dieser Forschung bekannt zu machen. Dr. Marthe.

Programmenschau.

Beitrag zur methodischen Behandlung des deutschen Sprachunterrichts, besonders in den unteren Gymnasialclassen. Von H. Schüder. Programm des Gymnasiums zu Altona. 1865. 4. 17 S.

Indem der Verfasser einen neben der Lecture hergehenden grammatischen Unterricht für nothwendig hält, stellt er diesen Lehrgang auf: 1. Fur Septima. Allgemeine Betrachtung des Wortes und seiner Theile (Anschauen und Namen der Gegenstände, der Eigenschaften und Thätigkeiten derselben), so wie des Satzes und seiner Theile (einfache nackte Satz) und besondere Betrachtung des Hauptwortes (Personen- und Sachnamen, Concrete, Abstracte, Geschlecht, Artikel, Einzahl und Mehrzahl, einfache and zusammengesetzte Hauptwörter, Bildung der Hauptwörter aus Zeit-, Haupt- und Eigenschaftswörtern, des Eigenschaftsworts (Attribut und Präikat, Declination, Comparation, Bildung der Adjective), des Zeitworts (zielende und ziellose, Nenn- und Aussageform, Tempora, Person- und Zahlformen, persönliche Fürwörter, Activum und Passivum, Conjugation im Inficativ). 2. Für Sexta. Wiederholung, dann Erweiterung. Wortlebre: Substantiv (Eigennamen, Appellative, Collective, schwache und starke Declination), Adjectiv (bezügliche und unbezügliche), Verbum (bezügliche und unbezügliche, unpersönliche, Hülfszeitwörter, Modus, Conjugation im Indicativ und Conjuctiv), Wortbildung (Pronomen, Zahlwort, Adverb, Präpositionen). Satzlehre: (verschiedene Wortarten für Subject und Prädicat, bejahende und verneinende Sätze, Frage-, Befehl- u. ä. Sätze, Interpunction, der erweiterte Satz, Attribut, Object, Umstandsbestimmung). 3. Für Quinta. Wiederholung. Conjunction. Der zusammengezogene Satz (die copulativen, adversativen, causalen Conjunctionen). Der zusammengesetzte Satz (Hauptund Nebensätze, Beiordnung, verschiedene Nebensätze, Substantiv-, AdjecLiv, Adverbial-Satz, deren Arten, Verbindung und Verkürzung. In Bezug auf das Lehrverfahren ist festzuhalten, dass die Schüler aus mehreren gleichartigen Spracherscheinungen das Sprachgesetz selbst finden. Dazu eignen sich besonders Sprichwörter, bekannte Verse, geschichtliche und naturgeschichtliche Data. Schriftliche Uebungen müssen sich anschliessen, wozu der Lehrer nur theilweise den Stoff selbst gibt, und zwar zunächst in der Classe selbst, die häuslichen Arbeiten beziehen sich dann auf die Aufsuchung des Aehnlichen aus einem schon besprochenen Lesestück. Nach Absolvirung cines Abschnittes treten die sog. Elementirübungen hinzu, d. h. Zergliederung eines Sprachganzen mit Rücksicht auf die erworbenen Sprachkenntnisse,

und zwar namentlich nach den Satzarten. Was die Orthographie betrifft, so kann nur verlangt werden von dieser Stufe, dass die Schüler zur sicheren Anwendung der üblichen Schreibweise befähigt werden, weshalb die Lehrbücher dasselbe orthographische System befolgen müssen. Ihre sichere Anwendung ist hauptsächlich Sache des Auges und der Erinnerung, daher dem Schüler ein möglichst grosser Reichthum von Wörtern nach und nach zur Anschauung vorzuführen und Buchstabirübungen nicht zu vernachlässigen sind; allgemeine Regeln lassen sich am besten an die Betrachtung der verschiedenen Wortarten, der Wortbiegung und Wortbildung anknüpfen.

Der deutsche Satz. Für die untersten Klassen der Mittelschulen. Von Ed. Hermann. Programm der Theresien-Akademie zu Wien. 1865. 8. 44 S.

Die Abhandlung tritt ohne Vorrede auf; es scheint, dass sie als Lehrbuch den Schülern in die Hände gegeben werden soll. Die Einrichtung ist diese, dass zuerst eine sehr grosse Zahl von Sätzen gegeben wird, dann die daraus sich ergebenden Lehrsätze folgen. Wie erhalten somit eine recht gründliche Betrachtung des Satzes, aber in einer solchen Ausdehnung und Zergliederung, dazu in einer so wissenschaftlichen Behandlung, dass für den Zweck der Schule eine bedeutende Vereinfachung nöthig sein möchte. Der erste Abschnitt behandelt den einfachen nackten Satz, der zweite den einfachen erweiterten mit besonderer Betrachtung des Attributs, des Objekts (wieder in sechs Theile geschieden), des Umstandes (wieder in vier Theile zerfallend, und der 4. Theil: Umstand des Grundes, zerfallend in Sachgrund, Stoff, Mittel, Erkenntnissgrund, Beweggrund, Zweck, Bedingung, Gegengrund), der dritte den zusammengesetzten Satz und zwar 1, die Satzverbindung und zwar a, Copulative, b, adversative, c, begründende, d, erläuternde Satzverbindung, 2, das Satzgefüge und zwar a, Substantivsatz, b, prädicativer Nebensatz, c, Attributivsatz, d, Adverbialsatz, aa, des Ortes, bb, der Zeit, cc, des Grundes, dd, der Modalität, «, der qualitativen, ß, der quantitativen Modalität. Dann erst folgt im 4. Abschnitt der mehrfach zusammengesetzte Satz. Im Anhang wird eine Anzahl von Wörtern zusammengestellt, bei denen eine doppelte Schreibung vorkommt, die richtigere der andern gegenübergestellt.

Der Begriff der Prosa. Von Rector Prof. Dr. Scheele. Programm des Gymnasiums zu Merseburg. 1865.

Das Thema, sagt der Verfasser sehr richtig, kann auch heissen: Ueber den Unterschied der Poesie und Prosa. Beide zusammen machen die Literatur aus. Die Literatur ist der durch Rede vermittelte Ausdruck eines Volkes über sein ganzes inneres und äusseres Leben. Je ärmer das geistige Leben eines Volkes, desto durftiger auch seine Literatur; obgleich ganz entblösst von allen Anfängen einer Literatur kaum ein Volk gedacht werden kann. Auf den Unterschied zweier Grundformen des Bewusstseins führt der Verfasser den Unterschied der Poesie und Prosa zurück. Der Namen der Prosa als prossa, provessa oratio drückt nur einen Unterschied der Form aus, ist aber keine nothwendige Bestimmung des Wesens der Prosa; denn es gibt viele poetische Erzeugnisse in prosaischer Form, und umgekehrt.

Rein wissenschaftliche und praktische Stoffe sind in der Zeit des Verfalls poetisch geformt, aber es gab auch eine Zeit, wo die Trennung zwischen Poesie und Prosa noch nicht eingetreten war und der Stoff selbst noch die poetische Form von Hause mitbrachte; man denke an die griechischen Lehrgedichte. Daher macht nicht der Inhalt den Unterschied der Poesie und Prosa aus, sondern die Form. Und zwar die Form des Inhalts, so dass nun Poesie ist Ausdruck des Bewusstseins in der Form des Gefühls, der Phantasie, der Vorstellung, Prosa in der Form der Reflexion, des Verstandes, des Gedankens.

Daher, da im Bewusstsein die Sphäre des Gefühls und der Phantasie der Entwicklung des begriffsmässigen Denkens vorausgeht, ist der Zeit nach die Poesie früher als die Prosa. Beweis die griechische Literatur. Aller Stoff wird auf jener Stufe poetisch angeschaut, Alles wird Poesie. Ferner, die Poesie strebt nach der Schönheit der Form, die Prosa nach der Wahrheit des Gedankens. Die Sprache der Poesie ist daher bildlich, die äussere Form rhythmisch und melodisch; der Gedanke soll anschaulich dargestellt werden; wie verschieden sind die Schlachtenbilder Homer's und Xenophon's. In ihrer reinsten und strengsten Form ist die Sprache der Prosa bild- und farblos, so bei Casar und Aristoteles.

Proben eines Wörterbuches der österreichischen Volkssprache von Hugo Mareta. Zweiter Versuch. Programm des Gymnasiums zu den Schotten in Wien. 1865. 8. 72 S.

Der erste Versuch dieses Idioticons erschien 1861. Dieser zweite ist seiner Anlage nach von jenem sehr verschieden. Während jener nur die lebende Volkssprache berücksichtigte, so hat jetzt der Verfasser seinen Plan bedeutend ausgedehnt und will die ganze Entwicklung der österreichischen Sprache, vom 13. Jahrhundert bis auf die Gegenwart, nach den vorhandenen Quellen nachweisen. Daher hat er angefangen, die ganze österreichische Literatur vom 14. Jahrhundert an auszuziehen und manche bisher ganz übersehene Schriftsteller (darunter auch Abraham a St. Clara) auszubeuten. Es soll also jetzt das Wörterbuch ein Seitenstück zu Schmeller's bairischem Wörterbuch werden. Die vorliegende Probe umfasst die Buchstaben R und S und gibt besonders solche Artikel, die bei Schmeller ganz fehlen oder dessen Arbeit wesentlich erweitern; meistens ist Hinweisung auf das Alt- und Mittelhochdeutsche, soviel sich dazu Gelegenheit darbot, der Raumersparniss wegen weggelassen. In der Einleitung waren die zahlreichen Quellenwerke für diese Probe genannt, deren Titel kaum ausserhalb Oesterreich bekannt sein mogen. Der Buchstabe S umfasst mehr als drei Viertel der Abhandlung. Durchlesen wir dieselbe von Anfang an, von den Artikeln: Rab (roh), Rabanschen (überraschen), Rabiat (ausser sich), Rablerisch (unordentlich, heftig), Rebach (Gewinn), Rebarbara, Reberl (Teigmasse), Rebela (abzupfen), Rebell (Lärm), anrebellen (aufwecken, foppen), verrebellen (vergeuden), Ribeln (reiben, tadeln, rüffeln), Robeln (raufen), rucken (zücken), rid (Augenblick), ridig (zäb, saftlos), refolter (Lärm, Unruhe), refsen (züchtigen, schelten) u. S. W., so sehen wir gleich, dass wir eine Arbeit von grossem wissenschaftlichem Werthe vor uns haben. Der Verfasser ist zu derselben durch seine Schüler durch Zettelschreiben unterstützt worden. Möge ihm diese Hilfe auch fernerweit nicht entgehen, seine dringende Bitte aber auch an alle diejenigen, welche des österreichischen Dialekts mächtig sind, ihn zu unterstützen, vielfachen Anklang finden.

Beitrag zur Dialektforschung in Nordböhmen, Petters. Programm des Gymnasiums zu 1865. 4. 12 S.

Von Ignaz
Leitmeritz.

In dieser Abhandlung setzt der Verfasser seine lobenswerthen Forschungen über den Dialekt seiner Heimath fort. Sie umfasst die Buchstaben h, t, u, v, w, z. Wie die früheren, führt sie die Dialektformen der Wörter in alphabetischer Folge vor. Zu sammern nennt Referent das westfälische Sammelpeter und Damelpeter (von langsamen Menschen), zu selbend das westfälische sülwegge. Ünter erschifzen macht Petters aufmerksam auf das mittelhochdeutsche erschüpfen ausseufzen, dessen Bedeutung protrudert bei Grimm W. B. III, 975 auf die mittelhochdeutschen Belegstellen nicht passt; entschupfen fehlt bei Grimm. Zahlreiche Vergleichungen mit den andern deutschen Dialekten zeugen für den ausserordentlichen Fleiss des Verfassers, dessen Beiträge auch für die hochdeutsche Schriftsprache sehr wichtig sind. Möge sein Wunsch, dass sich auch in seinem engern Vaterlande das Interesse für Dialektsammlungen mehre, in Erfüllung gehen.

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Ueber den rheinisch-fränkischen Dialekt und die Elberfelder Mundart insbesondere. Von Dr. Gust. Schöne. Im Programm der Elberfelder Realschule. 1865. 4. 12 S.

Die im fränkischen Dialekt stark hervortretende Neigung zu Nasallauten führt nebst anderen Erscheinungen den Verfasser zu dem Ergebniss, dass nicht der Einfluss des Französischen Schuld daran sei, sondern dass umgekehrt der Einfluss der Franken in der französichen Sprachbildung sich daran erkennen lasse. Der fränkische Dialekt ist überhaupt ein getrübter, besonders unrein erscheint die Elberfelder Mundart. Der Einfluss des Niederdeutschen ist noch grösser als dem Verfasser scheint. Viele Ausdrücke, die ihm in dem Elberfeldischen aufgestossen, sind im Niederdeutschen weit verbreitet; die Form nix (S. 7) ist niederdeutsch.

Ueber J. Böhme als Begründer der neueren Religionsphilosophie. 2. Abtheilung. Von dem Lehrer Milarch. Programm des Gymnasiums zu Neu-Strelitz. 1865. 4. 30 S.

In weiterer Verfolgung des im Februar 1853 begonnenen Themas hat der Verfasser J. Böhme, der auch für die Geschichte der deutschen Sprache eine wichtige Persönlichkeit ist, in seiner Bedeutung für Theologie und Philosophie dargestellt. Er nimmt dabei nicht blos Rücksicht auf Böhme's Schriften, sondern auch auf die neueste philosophische Literatur, und im Gegensatz zu den neuesten lutherischen Theologen, die auch nach den gründlicheren philosophischen Arbeiten der Neuzeit die herben Urtheile, welche die gleichzeitige Theologie über Böhme fällte, nicht aufhören ihn zu verdammen, tritt er für denselben als einen frommen und bedeutenden Denker in die Schranken. Er charakterisirt ihn daher genauer zuerst in seinem Verhältniss zu Cartesius und Spinoza, sodann zu Poiret, diesem erst in neuester Zeit gehörig gewürdigten reformirten Theologen, und zu Leibnitz, endlich aber auch im Verhältniss zu Schelling, dessen enger Anschluss an Böhme nachgewisen wird. Auffallend ist die Nichterwähnung der Arbeit von A. Peip (1860) über Böhme.

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