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Von dem zu reden ich begann.

Doch anders muß ich mich befinnen,
Denn Salomon muß den Preis gewinnen;
Vor allen Königen war er hoch.

Da regina austri zu ihm zog
Und sie dort die Herrlichkeiten,
70 Von denen sie auf allen Seiten
Umgeben war, mit Fleiß besah,
Wie erschrack die Königin da!
Da sie seiner Weisheit Schein,
Seiner Schäße prächt'ge Schrein',
75 Sein Fleisch und seine Fische

Und die Herrlichkeit der Tische,
Und seinen Tempel recht gesehn,
Da mußt' in Wahrheit ste gestehn,
Daß seit ein Mensch geboren ward,
80 Kein König war von solcher Art.
Man mußt ihn wohl ausscheiden,
Denn Alexander war ein Heide.

Noch sprechen Manche im Lügenton,
Er wäre eines Gauklers Sohn,

85 Alexander, von dem ich euch will melden: Als feige Lügner müssen gelten

Sie all, die bringen solche Mär',
Von ächten Kön'gen stammt' er her.
Solche Lügenlieder

90 Sollen sein zuwider

Einem jeden braven Mann.

Sein Geschlecht genau ich künden kann.
Groß sein Stamm und herrlich stand
Herrschend hehr im Griechenland;

95 Philippus hieß der Vater sein,
Ganz Macedonien war sein.
Deß Vater war ein tapfrer Knecht,
Bis übers Meer entschied sein Recht;
Er hieß Omyn; sein tapfrer Sinn

100 witen ginc der gwalt sîn. michil was sîn heriscraft,

vil manich volcwich er vacht wider den kuninc Xersen : gwaldiclîche verwan er den 105 unde vil ellenthafte

mit sîner hercrafte.

Philippus der nam ein wib, di trûch einen vil hêrlichen lib. ih sagûh wi ir name was, 110 si hiz, die scône Olympias; diu was Alexandris mûter. di frowe hête einen brûder, der was ouh Alexander genant; ze Persien hêter daz lant. 115 der was ein furste also getân, er ne wolde werden undertân nie neheineme kuninge;

daz sagich iu âne lugene,

er ne wolde ouh ze neheinen ziten 120 von sturmen noh von strîten

125

nie neheine wîs geflien,

swi ime sîne dinc dâ irgien;
er was ein tûrlîcher degen

unde wolde rehter herschefte plegen.
Woldet ir alle nu gedagen,

sô woldih û sagen

von Alexandris gebuorte,
wie diu gewuorte.

sîn mûter, frowe Olympias 130 zestunt dô siu genas,

dô wart ein michil nôtfal :
di erde irbibete ubir al,
der donre wart vil grôz,

ein starkiz weder nider gôz;

135 der himel verwandelôte sih,

100 Trug seine Macht zur Ferne hin.
Groß war seines Heeres Macht,
Mit welchem er gar manche Schlacht
Dem Berserkönig Xerxes bot:
Er brachte ihn in große Noth
105 und große Siege ihm gewannen
Seine kampfesmuth'gen Mannen.
Philippus wählte sich ein Weib,
Die trug einen gar schönen Leib.
Ich sag' euch, wie ihr Namen was,
110 Sie hieß die schöne Olympias;
Die war Alexanders Mutter.
Die Fraue hatte einen Bruder,
Der war auch Alexander genannt ;
Persten das war sein Land.
115 Der war ein Fürst also gethan,
Er wollte nimmer unterthan
Irgend einem Könige sein;
Nicht Lüge ist die Rede mein.
Auch wollte er zu keinen Zeiten
120 Von Stürmen und von Streiten
In keiner Weise je abstehen,
Wie's ihm dabei auch mocht' ergehen;
Er war ein ritterlicher Degen
Und wollte rechter Herrschaft pflegen.
Wolltet ihr nun alle schweigen,
So wollte ich euch gerne zeigen,
Was geschah da mancher Art,
Als Alexander geboren ward.
Seine Mutter, Frau Olympias
130 Zur Stunde, da ste sein genas,
Da ward ein großer Nothfall:
Die Erde erbebete überall,

125

Der Donner ward ohn' Maßen groß,
Ein starkes Wetter niedergoß;

135 Der Himmel der verwandelte sich,

unde di sunne vertunkelôte sih
unde hête vil nâh irn schîn verlorn,
dô Alexander wart geborn.

Nu ne vereischetih ê nie noh sint
140 alsus geborn nie nehein kint;
geloubit mir, des ih û sagen.
er gedeih baz in drîn tagen,
dan alle andere kint,

sò si drier månede alt sint. 145 unde alsime iht des gescah, daz ime ubile zehugen was, sô sah er alse der wolf deit, alser ubir sinem âse steit;

daz ih von ime sagen, daz ist wâr. 150 strûb unde rôt was ime sîn hâr, nâh eineme vische getân,

155

den man in den mere sehet gân;
unde was ime zemâzen dicke

unde crisp als eines wilden lewen locke.

Umbe sîn gesihte

wil ih ûh berihten

unde rehte bescheiden.

ein ouge was ime weiden,
getân nâh einem trachen;

160 daz, quam von den sachen,

dô in sîn mûter bestunt ze tragene,
dô quam ir freisliche bilide ingagene :
daz was ein michil wunder.

swarz was ime daz ander

165 nâh einem grîfen getân;

daz sult ir wizzen âne wân.

Sîn hals was ime wol geschaffin,

sîn brust starc unde wol offin.

sîne arme waren ime von grôzer maht, 170 allis sînes mûtes was er wol bedâcht.

sîn bûch ne was ime nit zelanc noh zebreit;

Die Sonne die verdunkelte sich

Und hatte beinah ihren Schein verlorn,
Da Alexander ward geborn.

Nie habe ich seitdem vernommen,

140 Daß solch ein Kind zur Welt gekommen;
Glaubet mir, ich kann euch sagen.
Er gedieh in dreien Tagen
Besser als alle andre Kind,
Wenn drei Monate alt sie sind.
145 Und wenn's ihm einmal so erging,
Daß Unmuth seinen Sinn umfing,
Da blickt' er, wie den Wolf ihr seht,
Der über seinem Fraße steht;

Das, was von ihm ich sag', ist wahr. 150 Strupp und roth war ihm sein Haar, Wie eines Fisches anzusehn,

155

Den man im Meere siehet gehn :
Es sah gewaltig dicht und kraus,
Wie 'nes wilden Löwen Locke aus.
über sein Gesichte,

Daß ich euch auch berichte,

Ihr sollet recht beschieden sein.
Ein Auge hatte blauen Schein,

Sah aus, wie eines Drachen;
160 Es kam das von den Sachen,
Daß als die Mutter ihn getragen,
Schreckbilder fie mit Angst geschlagen :
Solches war gar wunderbar.

Schwarz das andre Auge war,

165 Wie der Greif es haben soll;

Es ist kein Wahn, das wiffet wohl.

Sein Hals ihm wohl geschaffen war,

Stark seine Brust und offen gar,

Seine Arme waren ihm von großer Macht,

170 Auf tücht'gen Sinn war er bedacht.

Sein Bauch war zu lang nicht noch zu breit;

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