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gern im Freien mit Gartenarbeit und der Pflege seiner Haustiere, zu denen auch seine drei Hasen gehörten, welche ihm ein Freund zum Geschenk gemacht hatte. Er hat dieselben später in seinem Hauptgedicht besungen. Indessen Mrs. Unwin erkannte recht wohl, dafs das, was Cowper am meisten bedurfte, eine seinem Geiste angemessene Beschäftigung sei. Daher riet sie ihm, sich auf dem Gebiet der Dichtkunst zu versuchen, und gab ihm als Thema The Progress of Error. Dies war zwar keineswegs eine glückliche Wahl, denn ein solch düster angelegter Geist wie der Cowpers konnte nur zu leicht in seine frühere Krankheit zurückfallen, wenn er über ernste religiöse und moralische Fragen nachgrübelte. Nichtsdestoweniger entledigte sich der Dichter seiner Aufgabe und schrieb eine Reihe moralischer Satiren, alle in gereimten Couplets. Ihre Titel lauten: Table Talk, Truth, Expostulation, Hope, Charity, Conversation, Retirement. Sie erschienen in einem Bande 1782 und erregten begreiflicherweise wenig Aufsehen. Nicht nur war der Stoff an sich uninteressant die Critical Review nannte Cowpers Satiren „a dull sermon in very indifferent verse on grave subjects", auch die Form ist nichts weniger als ansprechend. Abgesehen von den häufig fehlerhaften Reimen ist Cowpers Satire an sich oft ungerecht und verfällt in Tadelsucht, ein Fehler, den wir auch in seinem Hauptgedicht wahrnehmen werden.

Das einsame Leben unseres Dichters wurde im Jahre 1781 unterbrochen durch den Besuch der Lady Austen. Diese heitere, lebhafte Dame, welche lange Zeit in Frankreich gelebt hatte, kam zu ihren Verwandten bei Olney zu Besuch und machte die nähere Bekanntschaft Cowpers, mit welchem sie bald täglich zusammenkam, da sie eine grofse Zuneigung für ihn gefafst hatte. Wenn düstere Stimmung sich des Dichters bemächtigte, scheuchte sie dieselbe durch ihre lebhafte Unterhaltung hinweg. So wurde sie auch durch ihre Erzählungen die Veranlassung zu Cowpers Ballade John Gilpin, welche ihn in ganz England berühmt machte. Derselben Lady Austen verdanken wir auch Cowpers Hauptwerk The Task. Öfters hatte sie ihn aufgefordert, etwas in Blankverse zu dichten, und als er sie um ein Thema ersuchte, nannte sie ihm The Sofa, daher der Titel des Ganzen The Task. Der Dichter hat den Titel seines Werkes gerechtfertigt in einem Briefe an Mr. Newton, unterm 13. Dezember 1784: As to the title

I take it to be the best that is to be had. It is not possible that a book including such a variety of subjects, and in which no particular one is predominant, should find a title adapted to them all. In such a case it seemed almost necessary to accomodate the name to the incident that gave birth to the poem.“

Lady Austen war unstreitig weit glücklicher in der Wahl eines Stoffes für Cowper gewesen als Mrs. Unwin, zumal Sofas zu jener Zeit noch nicht sehr üblich waren. Cowper befolgte den Rat, und da er sich immer mehr in sein Werk vertiefte und weiter abliegende Dinge in den Kreis seiner Besprechung zog, so entstand schliefslich ein sehr umfangreiches Werk. Das Gedicht wurde im Sommer 1783 begonnen und innerhalb eines Jahres vollendet. Es verschaffte dem Dichter sofort den ersten Rang unter den Schriftstellern seiner Zeit. Das neue Werk wurde im Juni 1785 veröffentlicht, zugleich mit kleineren Gedichten, nämlich seinem Tirocinium or a Review of schools und seiner berühmten Ballade John Gilpin. Es hatte einen glänzenden Erfolg, und schon 1786 wurde eine zweite Auflage nötig, welcher Cowpers moralische Satiren beigefügt waren. Diese letzteren würden zweifellos nicht die Ehre einer zweiten Auflage erlebt haben, wenn nicht The Task dieselben vor dem Vergessen werden gerettet hätte.

Noch während der Abfassung seines Hauptwerkes kam es zwischen dem Dichter und der geistigen Urheberin des Werkes, Lady Austen, zu einem plötzlichen Bruch, infolgedessen letztere Olney gänzlich verliefs.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen über das Leben des Dichters und die Entstehung seines Hauptwerkes können wir uns diesem selbst zuwenden. Das Gedicht zerfällt in sechs Bücher: The Sofa, The Timepiece, The Garden, The Winter Evening, The Winter Morning Walk, The Winter Walk at noon. Natürlich beziehen sich diese Titel nur auf kleine Abschnitte jedes Buches. Der Dichter behandelt in ihnen eine ungeheure Mannigfaltigkeit von Gegenständen, indem er, oft ohne den geringsten Übergang, von einem zum anderen überspringt. Religion, Politik, sociale und philosophische Fragen, selbst Gartenbaukunst behandelt der Dichter in gleich eingehender Weise. Man kann nicht sagen, dafs sich ein durchgehender Faden in dem ganzen Werk verfolgen läfst, obwohl die Tendenz, ein beständiges Lob

des zurückgezogenen Lebens auf dem Lande, as most friendly to piety and virtue", nicht zu verkennen ist. Cowper selbst sagt: „If the work cannot boast a regular plan (in which respect, however, I do not think it altogether indefensible), it may yet boast, that the reflections are naturally suggested always by the preceding passage, and that, except in the 5th book, which is rather of a political aspect, the whole has one tendency, to discountenance the modern enthusiasm after a London life, and to recommend rural ease and leisure as friendly to the cause of piety and virtue." Es läfst sich allerdings kaum behaupten, dass die Betrachtungen des Dichters sich immer notwendig aus dem Vorhergehenden ergeben. Die Benutzung von Sofas durch gichtbrüchige Leute führt ihn zu denen, welche frei von Gicht keine Sofas nötig haben, und weiter zu ländlichen Spaziergängen und zum Landleben im allgemeinen. Die amphitheatralische Aufstellung der Pflanzen in einem Gewächshause bringt ihn auf die Theater zu sprechen. Auch kann man es keinen natürlichen Übergang nennen, wenn der Dichter von den Eiszapfen am Dach eines Hauses übergeht zu dem von einer russischen Kaiserin erbauten Eispalast in St. Petersburg und dann fortfährt, sich über Despotismus und Politik im allgemeinen auszulassen.

Überhaupt verweilt der Dichter nie lange bei einem Gegenstand. Sein Thema schwindet ihm unter der Hand, und alle möglichen Gegenstände, besonders aber Naturobjekte, werden von ihm besprochen, ohne dafs er sich an sein eigentliches Thema wieder erinnerte. The Task führt uns hauptsächlich des Dichters eigenes Leben vor. Sein Leben auf dem Lande, sein Haus, seine Freunde, seine Gedanken auf seinen Spaziergängen, die friedliche Landschaft an der Ouse, das Leben der Armen in seiner nächsten Umgebung - alles das wird uns in lebendiger Weise vor Augen geführt. Dazu kommen Erörterungen über politische und sociale Dinge und schliefslich eine Prophezeiung über den Sieg des Himmelreichs.

Cowper ist recht eigentlich der Sänger des häuslichen Lebens und häuslichen Glückes. Wir finden in seinen Gedichten zahlreiche hübsche Genrebilder, welche Ereignisse und Beschäftigungen des alltäglichen Lebens, ländliche Scenerien etc. in anschaulichster Weise schildern. Neben den vielen Stellen der Task, welche von ländlichen und häuslichen Dingen handeln, enthält das Gedicht eine starke Beimischung von Satire und moralischer

Betrachtung. Es enthält einen ununterbrochenen Protest nicht nur gegen die gebräuchlichen Laster und religiöse Gleichgültigkeit, sondern auch gegen die Hartherzigkeit der Welt. Cowpers empfindsame Natur offenbart sich nicht nur in einer intensiven Liebe zur Menschheit, sondern erstreckt sich auch auf die Tierwelt. So führt der Dichter ein neues Element in die englische Litteratur ein, die Liebe zu den Tieren und ihre Beziehungen zum Menschen.

The heart is hard in nature, and unfit
For human fellowship, as being void
Of sympathy, and therefore dead alike

To love and friendship both, that is not pleased
With sight of animals enjoying life,

Nor feels their happiness augment his own. (VI, 321 ff.)
Und an einer anderen Stelle:

I would not enter on my list of friends

(Though graced with polished manners and fine sense,
Yet wanting sensibility) the man

Who needlessly sets foot upon a worm. (VI, 560.)

Einsamer Verkehr mit der Natur und warme Liebe zu ihr ist der Grundzug in Cowpers Task. Er ist der erste Dichter, welcher die Natur um ihrer selbst willen liebt. Wir erfahren aus seinem Gedicht die geringfügigsten Einzelheiten seines ländlichen Stilllebens in Olney. Wir begleiten den Dichter gleichsam auf seinen Spaziergängen mit Mrs. Unwin und glauben selbst alle Gegenstände, welche der Dichter schildert, mit eigenen Augen zu sehen. So gewinnt die ganze Landschaft um Olney, die sonst zu den reizlosesten Gegenden Englands gehört, Leben von der Hand des Dichters. Ländliche Töne treffen unser Ohr. Der Gesang vieler tausend Vögel, besonders der Nachtigall, das Gekrächze der Raben, sogar das Geschrei der Eule, welche den aufgehenden Mond begrüfst, übt auf den Dichter einen besonderen Reiz aus. Vergl. I, 197 ff., VI, 315 ff.

Auf einem kleinen Hügel stehend, schildert der Dichter die vor ihm sich ausbreitende Landschaft in anschaulicher Weise. Die zur Weide ziehende Schafherde, der schwerbeladene Erntewagen alles erregt des Dichters Interesse und Teilnahme. Wir begleiten ihn in den schattigen Wald, der mit seinem grünen Laubdach einen angenehmen Zufluchtsort vor den Strahlen der

Sonne gewährt. Der Landmann bei der Arbeit regt den Dichter zu Betrachtungen auf socialem Gebiete an. Er vergleicht ihn mit dem Reichen, dem all sein Reichtum keinen gesunden Schlaf schaffen kann. Eingedenk des Wortes „Im Schweifse deines Angesichts sollst du dein Brot essen", ruft er aus:

Come hither, ye that press your beds of down

And sleep not; see him sweating o'er his bread
Before he eats it. (I, 362.)

Keine Gelegenheit läfst der Dichter vorübergehen, seine satirische Geifsel über die Schäden und Gebrechen der Welt zu schwingen. Durch das ganze Gedicht hindurch finden wir Schilderungen von Naturscenerien, vermischt mit satirischen und didaktischen Stellen, aber immer kehrt der Dichter zu seinem Lieblingsthema, dem Lob der Reize des Landlebens, zurück.1

Von Jugend auf liebte es Cowper, in Feld und Wald umherzustreifen, und er freut sich, dafs das Alter nicht im stande gewesen ist, seine Liebe zur Natur und zu Arbeiten im Freien zu vermindern.

scenes that soothed

Or charmed me young, no longer young, I find

Still soothing and of power to charm me still. (I, 141.)

Unbegreiflich scheint es ihm, dafs es Leute giebt, welche die Werke eines Künstlers denen der Natur vorziehen.

Lovely indeed the mimic works of Art,

But Nature's works far lovelier ...

... Imitative strokes can do no more
Than please the eye

sweet Nature every sense. (I, 420 ff.)

Aus dem dritten Buch, The Garden, erfahren wir, wie der Dichter seine Zeit hinbringt. Alle seine kleinen Gartenarbeiten, wie das Beschneiden der Pflanzen, die Pflege der Blumen und Tiere etc. werden sorgfältig aufgezählt. In dem Bewusstsein, dafs das Leben nur ein Darlehen ist, welches wir mit Zinsen zurückzahlen müssen, will er den gröfstmöglichen Nutzen daraus ziehen. Auch ein so einförmiges, zurückgezogenes Leben, wie es Cowper führte, verlangt doch die Erfüllung so mancher kleiner Pflichten und gewährt eine hohe Befriedigung, wenn auch andere

1 Vergl. auch Retirement 190 ff.

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