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Se sprak: Dat gaff mik min god unde min leve here,
Do he up dusser erden hadde vel wunders ghedaen,
Den de snoden joden so lesterliken ghedodet haen.
Se pinden on, dat ome sin saerte liff van blode ran.
Dat deden se ome dorch overmoeit,
Umme siner guden leren.“

61. Wil ghi horen, wu de eddel keiser sprak?

"

Hir umme wil ik wreken on one af min unghemak,
Edder nummer to Rome komen under dack."

He sprak Bereidet juk,

Gi riken Romesken heren!"

De tornighe keiser wolde do nicht lengher beiden.
Mit verdehalff hundert schippen leid he sik bereiden.
He segelde snel beide dep unde brede.

He sprak: We dik, Jherusalem!

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Ik wil dik umme keren.

Gi joden hebben sere an mik ghebroken.“

He sprak: Gi joden, war umme hebbe gi dat ghedan,
Dat gi den goden man so lasterliken ghedodet han?
Gi scloghen on, dat ome sin sarte liff van blode ran.
Seit, gi snoden joden, dat schal
An juk werden ghewroken!"

62. Do de tornighe keiser dar to lande wart ghevort,
He stichtede brant, roff unde groten mort.
De joden hadden do neine vrede dort.

He vordelghede wilt, taem,

Unde al dink unghehure.

Muren, borge dar verstoret wart;

He lonede de ledighen joden wol na orer art.

De lenghe wart an one dar nicht gespart.

Se beiden den heren umme gnade,

Sin milde was dar dure.

He bewisede sinen torn so unentliken.

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5

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[Bl. 23 b.]

Wente also god umme dertich penninghe ghegheven wart,

So schattede he de joden io na orer art.

Se mosten varen ein angestliken vart.

Umme einen pennick

Gaf he drittich joden grimmichliken.

63. Nu hebbe wi dat al wol ghehort,

Wu Jherusalem unde dat gode lant wart vorstort.

De keiser hoff sik wedder vort

Na Rome unde erde dar god

In sinem ewighen rike.

Dusse antlat unde Fronica to Rome ist.

We dat an sud unde love an unsen heren Jhesum Crist.*

Wente up erden nein grotter hilghedoem ist,

So werdik unde so groet,

Dat dussem kunne geliken.

Hir umme so wil wi id gerne eren.

Wan wi denne an unssem lesten ende lighen

60, 14 pinde.

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[Bl. 24 a.]

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Unde al der werlde vrolicheit hebben vorteghen,
Dat uns de bitter doet wil anstighen,

So mote uns god to hulpe komen
Durch Jhesum, unsen heren.

64. Ik Regenboghe mane dik, du vil sarte god,

De dusse wort van godes antlate ghedichtet had,

Giff uns, her, war ruwe und bestedighe uns in diner stadt,
Und ein lutter bicht *

An unsen lesten ende legghen *

Unde den hilghe lichnam min leste spise si. Amen.

64, 1 Ick veghe vs hoghe.

Hildesheim.

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K. Euling.

Goethes Faust-Archiv.

Von

Adalbert Rudolf.

Nach der Erschliefsung des Goethe-Archives zu Weimar und nach Entdeckung des in der Abschrift des Hoffräuleins Luise von Göchhausen erhaltenen Ur-Faust ist die Forschung über Goethes Faust in einen neuen Zeitabschnitt, dem Abschlusse nahe, getreten. Herrn Erich Schmidt, welchem wir den Fund und die Veröffentlichung des Ur-Faust verdanken, ist die ehrende Aufgabe zu teil geworden, für die im Auftrage der Grossherzogin Sophie von Sachsen erscheinende neue grofse Goethe-Ausgabe die den Faust behandelnden Teile zu bearbeiten. In dem bereits vorliegenden vierzehnten Bande, welcher den ersten Teil des Faust enthält, bietet uns der verdiente Forscher unter „Lesarten (mit Paralipomena, Bühneneinrichtung etc.)" gesichtet und erläutert einen überraschend reichhaltigen Stoff mit vielem wesentlich Neuem. Man hat über die Berechtigung gestritten, alles das zu veröffentlichen, was, obwohl von dem Dichter gar nicht oder in anderer Gestalt benutzt, vielleicht verworfen worden, jetzt, da es dem Zahne der Zeit zufällig entgangen ist, zur Veröffentlichung zu bringen. Ich gehöre zu denjenigen, welche nicht nur für die Berechtigung eine Lanze einlegen, sondern sogar die Pflicht der Veröffentlichung betonen. Denn wenn auch manches des Gebotenen naturgemäfs unwesentlich oder unbedeutend erscheint und kaum eine besondere Beachtung verdient, so ist doch das meiste, was uns vorliegt, mehr oder weniger von Wichtigkeit, zum Teil von sehr grofsem Werte für die Beurteilung des Gedankenganges im allgemeinen, wie einzelner Stellen, und dabei

äufserst lehrreich, indem es uns einen grofsartigen Einblick in die Dichterwerkstätte gewährt. Während die überlieferte Fassung des Faust in abgerissener Weise höchst wirksame dramatische und zum Teil auch lyrische Augenblicksbilder vorführt, so werden durch die handschriftlichen Nachlasse die Lücken ausgefüllt und das Ganze, welches jetzt nur als eine Art von Torso vor uns liegt, zu einem gewaltigen Gedichte mit ununterbrochenem Gedankengange ergänzt. Man hat auch spöttelnd hier und da von einem wohlfeilen Klügeln gesprochen, welches abzuurteilen und zu wägen sucht, was der Altmeister mehr oder weniger bewufst und mehr oder weniger meisterhaft geschrieben habe. Aber es ist der menschlichen Natur - gottlob eigen, dafs sie eine Gabe nicht stumpfsinnig entgegennimmt, sondern ihren inneren Wert zu erkennen und zu schätzen sucht. So verüble man auch mir nicht, dafs ich die Kühnheit habe, mich desselben Thuns zu unterfangen. Mein Streben geht dahin, einige Irrtümer oder Ungenauigkeiten des Herrn Erich Schmidt zu berichtigen, sowie vor allem um bildlich zu sprechen die zerstreut hingeworfenen und aufgefundenen Perlen zu sammeln und zu einer Schnur, einer Kette zu vereinigen. Ob ich überall oder auch nur zum grofsen Teil das Richtige treffe, stehe dahin; jedenfalls hoffe ich durch meine bescheidene Arbeit einige Anregung zu geben und werde für alle Berichtigungen und Ergänzungen dankbar sein. Selbstverständlich kann ich nur auf wesentlichere Lesarten eingehen und mufs alle die vielen kleineren Abweichungen unbeachtet lassen; was letztere betrifft, so hat bereits Heinrich Düntzer (Die Grenzboten, 47. Jahrgang, Nr. 1 und 2, besonders S. 89 etc.) einige Mängel nachgewiesen. Noch mufs ich erwähnen, dafs zur besseren Übersicht alles Goethesche durch Kursivschrift hervorgehoben ist.

Vorspiel auf dem Theater.

Hierzu sind verschiedene unbenutzt gebliebene Bruchstücke vorhanden, welche kaum einer Erörterung weiter bedürfen.

[Dichter.] Wenn sich's in meinem Busen regt,

Wenn sich mein Auge feuchtet

Auch noch ein Herz, das mir entgegen schlägt,

noch ein Geist, der mir entgegen leuchtet

Erich Schmidt hält diese Verse für ein unbekanntes lyrisches Fragment, ebenso wie das Folgende:

[Dichter.]

Das wenige Talent, das ich besessen, rauben;
Denn etwas Gut's zu machen und zu thun,
Mufs man erst an das Gute (die Guten) glauben.

Ich glaube, dafs beides zu Faust gehört. zweifelhaft sind die weiteren Verse:

[Narr.] Ich wäre nicht so arm an Witz,

Wär ich nur nicht so arm an Reimen.

[Direktor.] Nur heute schränkt den weiten Blick mir ein, Nur heute last die Strenge mir nicht walten;

[Narr.]

Lafst unser Stück nur reich an Fülle sein,

Jedenfalls un

Dann mag der Zufall selbst als (Geist der) Freiheit schalten.

Wenn Poesie nicht recht nach Laune sie verbinden

Und wenn der Narr durch alle Scenen läuft,

So ist das Stück genug verbunden.

Vermerke über den Gedankengang.

Ideales Streben nach Einwirken und Einfühlen in die ganze Natur: Erscheinung des Geistes [Erdgeistes, Weltgeistes] als Weltund Thaten-Genius. Streit zwischen Form und Formlosem: Vorzug dem formlosen Gehalt vor der leeren Form [Faust] Gehalt bringt die Form mit, Form ist nie ohne Gehalt [Mephistopheles]. Diese Widersprüche, anstatt sie zu vereinigen, disparater zu machen [Drehangel des Stückes]. Helles, kaltes, wissenschaftliches Streben: Wagner. Dumpfes, warmes wissenschaftliches Streben: Schüler. (Lebens-, Thaten-Wesen:) Lebens-Genufs der Person von aufsen gesehen; in der Dumpfheit Leidenschaft -1. Teil. Thaten-Genufs nach aufsen und Genufs mit Bewusstsein [der] Schönheit Zweiter Teil. SchöpfungsGenufs von innen - Epilog, im Chaos auf dem Weg zur Hölle.

Beabsichtigte Goethe wirklich ursprünglich die Höllenfahrt? Es ist kaum glaublich. Vergl. den Schlufs des Vorspieles auf dem Theater. All das ist wohl nur ein Puppenspiel-Scherz, um die Leser zu verblüffen.

Erster Teil.
Bühnen-Einrichtung.

In den Tag- und Jahresheften 1812 ist zu lesen:

,,Wolff und Riemer machten einen Plan zu Aufführung des Faust, wodurch der Dichter verleitet ward, mit diesem Gegenstand sich

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