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riation, Trennung von Gedanken und Variation, Parallelismus der Satzglieder, überall aber geht Otfrid schon über den Gebrauch der früheren Periode hinaus. Nicht minder zeigt sich der Zusammenhang mit der früheren Zeit wieder in den zur Veranschaulichung der Personen und Situationen dienenden Eingängen der Rede; da tritt besonders hervor, wie die einfachen Bezeichnungen seines Vorbildes, des biblischen Textes, auch ihm nicht genügen, wie Christus, seine Jünger, seine Gegner äufserlich und innerlich ausführlich charakterisiert werden. Wie ferner der allitterierenden Dichtung, so ist auch ihm die häufige Verwendung der Parenthese eigen. Um epische Fülle zu gewinnen, bedient er sich, wieder vom biblischen Texte abweichend, emphatischer Übertreibung, gerade wie die frühere Dichtung, und wieder, um die Bedeutung der Personen und Situationen hervorzuheben. In dem Gebrauche zahlreicher formelhafter Verbindungen, für die in ihren einzelnen Erscheinungen der Verf. viele Belege anführt, geht Otfrid schon bedeutend weiter als die frühere Periode, vieles ist auch aus der Vorzeit überkommenes Gut; merkwürdig ist es, wie feststehend für die verschiedenen Situationen und Stimmungen die Formeln sind, wie gewissen Verben pleonastisch verstärkende Zusätze gegeben werden. Eigentümlich ist Otfrid im Gegensatz zu der früheren Poesie, dafs er sich unmittelbar oder mittelbar, durch Berufung auf die Quelle, Beteuerung der Wahrheit, unmittelbare Anreden, Fragen u. a. an die Hörer wendet, also das Ich in den Vordergrund tritt. In seinen Bildern und Vergleichen steht er unter dem biblischen Einflufs, weicht von den Vorgängern ab, in manchen aber ist er selbständig. Zu dem, was schon früher über die Verarbeitung des biblischen Stoffes durch Otfrid hervorgehoben ist, fügt schliefslich der Verf. noch mehrere Stellen, aus denen hervorgeht, wie Otfrid gegenüber der knappen biblischen Grundlage den Gemütszustand seiner Personen breiter ausführt und Erzählungen plastischer zu gestalten sucht. Es ergiebt sich also, dafs Otfrid sich nicht ängstlich an seine Quelle anlehnt, sondern mit einem gewissen künstlerischen Bewusstsein über seinem Stoffe steht.

Das deutsche Tagelied. Inaugural-Dissertation von Walter de Gruyter. Leipzig, G. Fock, 1887. 159 S. gr. 8. 2 Mk. Ausführlicher als von irgend einem seiner Vorgänger ist von dem Verf. hier das deutsche Tagelied behandelt; mit gröfstem Fleifs und Sorgfalt ist er ihm nachgegangen, und es möchte sich wohl keine hierhergehörige Dichterstelle finden, die er übersehen hätte. Ebenso ist ihm die ganze Litteratur über dasselbe wohlbekannt. Der Inhalt ist so reich, dafs es hier genügen mag, den Gang der Untersuchung und die Ergebnisse kurz zusammenzufassen.

Die Ansicht, dafs das deutsche Tagelied aus romanischen Vorbildern herzuleiten sei, ist unhaltbar. Die Geschichte desselben läfst sich in Abschnitte zerlegen, die sich mit der allgemeinen Einteilung der Lyrik decken: Höfischer Minnesang, Übergangszeit, Volkslied. Anfangs ist es frei_vom Einflusse höfischer Sitte, wie Beispiele des 12. Jahrhunderts zeigen. Dann tritt die Person des Wächters in den Vordergrund, er wird der vertraute Warner, Wechselreden bringen in die Dichtung gröfsere Beweglichkeit, das höfische Tagelied tritt hervor. Wächterlose Tagelieder wurden unter Kaiser Heinrichs VI. Namen und von Heinrich von Morungen erwähnt. Das Tagewächterlied hat nach der Überlieferung, die nicht anzuzweifeln ist, Wolfram in Deutschland eingeführt; seine Tagelieder sind von leidenschaftlicher Glut und bezeichnen den Höhepunkt des Wächterliedes; an Kraft der Darstellung steht Walther ihm bedeutend nach. Grofs ist die Zahl der höfischen Tagelieder. Als Mittelglied zwischen den vortragenden Minnenden und dem Türmer erscheint bei Ulrich von Winterstatten eine

Zofe. Der Wächter ist anfangs, jedoch nicht oft, nur aufserlich mit der Situation verknüpft, aber er wird bald auch beteiligt, wodurch die dramatische Spannung gewinnt, er ist meist der Vertraute, die Frau ist die ängstlich Besorgte, hinter ihr tritt der Mann zurück. Der Stil des höfischen Tageliedes ist lebhaft (S. 27 f.), das Weichen der Nacht, der Vogelsang, der Wächterruf, die drohende Gefahr, die Schmerzen der Trennung, das alles spielt eine grofse Rolle; die verschiedenen Bezeichnungen dafür, wie sie in den Gedichten vorkommen, hat der Verf. genau verzeichnet. 2) Das Tagelied der Übergangsperiode (S. 41). Im 14. und 15. Jahrhundert nähert sich das Tagelied dem Volksliede; wie die durch den ritterlichen Frauendienst gezogenen Grenzen allmählich durchbrochen werden, hat an den einzelnen Dichtungen der Verf. nachgewiesen. Mitunter fehlt hier der Wächter, der Humor macht sich schon geltend; besonders in der Sammlung der Klara Hätzlerin (1471 abgeschlossen) tritt das Wesen des Tageliedes des 15. Jahrhunderts hervor; die hier vorkommenden Lieder u. a. werden einzeln betrachtet; der Wächter tritt weit mehr hervor, wird mitunter der eigentliche Träger der Handlung, die Frau tritt als Leiterin zurück, die Heldin des Tageliedes ist nicht mehr die Gattin eines anderen, die Gefahr wird vermindert, die epische Kleinmalerei nimmt zu, der Stil wird überladener. 3) Die Tageweise im Volksliede (S. 68-111). Mit der Entwickelung des dramatischen Elements kam die Tageweise schliefslich der Ballade näher als dem eigentlichen Liebesliede; Motive der Romanze dringen in das Lied, und umgekehrt. Dann werden Ritter und Edeldame durch Angehörige anderer Stände ersetzt, damit büfst der Wächter seine Vertrauensstellung ein. So sind wir der eigentlichen Volkslyrik näher gekommen, und diese finden wir besonders in den Schnaderhüpfeln ausgedrückt, die dem Tageliede verwandt sind. Im Gegensatze gegen das höfische Tagelied schwindet aus dem Volksliede die Furcht und Sorge, dagegen Reue und Scham des Mädchens stärker betont werden, und besonders wichtig ist, dafs statt der Phantasiebilder die Wahrheit des wirklichen Lebens eintritt, Sitte und Brauch des Volkes den Untergrund bildet. 4) Die Tageliedsituation aufserhalb der Liebeslyrik: a) im Epos (S. 111): Die Liebesscenen des Tageliedes finden sich im Graf Rudolf, ganz so wie in einem Tageliede Ulrichs von Lichtenstein, in Herberts trojanischem Krieg, in Eilharts Tristan, in Heinzelins von Konstanz Minne Lohn, in Konrad Flecke, in der Rabenschlacht, Ortnit u. a.; b) in der Erzählung und im Schwank (S. 123); die hierher gehörigen Stellen aus v. d. Hagens Gesamtabenteuern u. a., grober Art, sind hier citiert; c) im Fastnachtsspiel (S. 126); d) in der geistlichen Dichtung (S. 127). Bekannt ist, dafs weltliche Volkslieder vielfach in geistliche umgedichtet sind, beliebt war das Tagelied, schon wegen der Melodie, namentlich für den Morgengesang (matutina), bis für die Morgenandacht die Abschnitte der Leidensgeschichte Christi in Gebrauch kommen, dann aber das Tagelied im Weihnachtsliede wiederklang; die Wächterlieder und die Weckrufe kehrten wieder in den deutschen Bearbeitungen des Alten und Neuen Testaments, und so finden sich zahlreiche Umdichtungen des weltlichen Tageliedes in die religiösen Dichtungen, noch im evangelischen Kirchenliede; e) in der patriotischen Dichtung (S. 138), so bei Reinmar dem Viedler, Muscatblüt, Hans Sachs, in v. Liliencrons Sammlung. · Im ersten Anhang (S. 140) behandelt kurz der Verf. die Tageliedsituation in der orientalischen, magyarischen, slavischen, romanischen Litteratur, im zweiten Anhang (S. 148) den Wächter in der deutschen Dichtung aufserhalb der Grenzen des Tageliedes. Die wichtige Person des Burgwächters kommt in vielen epischen Gedichten vor; er beobachtet und meldet; mannigfach sind die Wendungen und Bezeichnungen; unendlich oft ist von ihm und dem Pförtner die Rede, bis endlich der moderne Nachtwächter erscheint; eine Sammlung der Nachtwächterlieder fehlt noch.

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Geschichte der deutschen Sprache und Litteratur bis zu Goethes Tode. Von Prof. Dr. Daniel Sanders. Dritte Auflage. Berlin, Langenscheidtsche Buchhandlung, 1887. 2 Mk.

erhebt.

Dafs von dem hochverdienten Gelehrten nicht etwas Gewöhnliches zu erwarten war, versteht sich von selbst, und so hat denn auch diese Litteraturgeschichte so viel Beifall gefunden, dafs im Verlauf weniger Jahre eine dritte Auflage nötig geworden ist. Eine Geschichte der deutschen Sprache, wie im Titel steht, enthält das Buch nicht, dazu würde viel mehr gehören. Über die Werke der Litteratur aber enthält es die reichsten Nachweise; selten werden die Leser, wenn sie nach etwas suchen, im Stich gelassen werden. Seine bekannte ungewöhnliche Belesenheit kam dem Verf. nicht allein zu statten, er hat auch die gröfşeren Werke von Gervinus, Goedeke u. s. w. nicht blofs fleifsig zu Rate gezogen, sondern auch manche Specialschriften. In ein so umfangreiches Buch können sich einzelne Versehen eingeschlichen haben; viele werden es nicht sein. So ist z. B. das Geburtsjahr Bürgers (1747), Hoffmannswaldaus (1617) nicht richtig angegeben, man vermifst bei Herder die Berücksichtigung des grundlegenden Werkes von Haym, man wünscht beim Nibelungenliede nicht blofs den Inhalt kennen zu lernen, man will auch etwas vom Werte und von der Bedeutung des Gedichts hören, von der Überlieferung, von der ganzen Nibelungenfrage, bei der lyrischen Poesie des Mittelalters etwas mehr von der Form u. ä. Ref. spricht pro domo, wenn er gegen die Darstellung des Verhältnisses Müllers zu Schlözer (S. 80) Einwurf Durch die knappste Darstellung ist es dem Verf. möglich geworden, viel mehr Stoff zu bringen, als selbst umfangreichere Werke bieten; eine ungewöhnlich grofse Zahl von Schriftstellernamen, die nur wenigen bekannt sein mögen, aus den Jahrhunderten, die sonst nur kurz behandelt werden, von der Scheide des Mittelalters, aus dem 17. Jahrhundert, eine Fülle von Jahreszahlen, von bibliographischen Notizen begegnen uns, so dafs wir überall an Goedeke erinnert werden. Da nun zu der Reichhaltigkeit des Inhalts der nur durch den knappen Druck mögliche sehr billige Preis kommt, so ist nicht zu zweifeln, dafs das Buch noch mehr Auflagen erleben werde. Wenn der Verf. mit der Bitte um Verbesserungsvorschläge sich namentlich an Lehrer wendet, die beim Unterricht vielleicht an einzelnen Stellen dazu Anlafs finden werden, so kann wohl nur dabei an die bei der Vorbereitung zum Unterricht gemachten Erfahrungen gedacht sein. Das Buch etwa als Leitfaden den Schülern in die Hand zu geben, davon rät gerade die Eigentümlichkeit desselben, der übergrofse Stoffreichtum, die Fülle der Namen, Jahreszahlen u. s. w. ab; selbst zur Wiederholung zum häuslichen Gebrauch ist es für Schüler weniger geeignet, indem gerade die Jahrhunderte, die die Schule nur im Fluge berührt, sehr ausführlich bis ins einzelste behandelt sind und in manchen Partien die Schriftsteller zweiten und dritten Ranges vor den Chorführern sich hervorzudrängen suchen, jugendliche Schüler daher den übersichtlichen Blick verlieren können.

Grundzüge der deutschen Syntax. Nach ihrer geschichtlichen Entwickelung dargestellt von Oskar Erdmann, Prof. an der Universität Breslau. Erste Abteilung: Gebrauch der Wortklassen. Die Formationen des Verbums in einfachen Sätzen und in Satzverbindungen. Stuttgart, J. G. Cotta, 1886. 197 S. gr. 8.

Das vorliegende bedeutende Werk geht von der richtigen Überzeugung aus, dafs der gegenwärtige Sprachgebrauch in unserer deutschen Sprache Archiv f. n. Sprachen. LXXXI.

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nur auf Grundlage des früheren Gebrauchs gewürdigt werden kann und dafs ebenso der frühere Gebrauch durch Einsicht in den gegenwärtigen Sachverhalt neues Licht erhält, dafs es somit ein hohes Interesse gewährt, die geschichtliche Entwickelung vom Gotischen an bis auf die jetzige Zeit zu verfolgen. Indem die Syntax als Lehre vom Gebrauch der Wortklassen und Wortformen in der Rede gefasst wird, ist zunächst gezeigt, wie die Wortklassen abgegrenzt und gebraucht werden, und dabei werden viele Eigentümlichkeiten unserer Sprache näher betrachtet. Die umfangreichere zweite Hälfte handelt von den Formationen des Verbums; im zweiten Bande soll eine Übersicht über die Arten und Mittel der Satzverbindung folgen. Vom Verbum ausgehend betrachtet der Verf. die Redeteile der Reihe nach; überall beruhen die syntaktischen Erörterungen auf der ausgedehntesten Bekanntschaft mit der älteren und neueren Litteratur und führen zu interessanten Ergebnissen, so (§ 4) dafs das Pronomen der ersten Person des Plurals beim Imperativ, in älterer Zeit fehlend und in neuhochdeutscher Zeit eine Zeit lang auch vergessen, noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts als Neuerung galt; dafs (§ 5) das Fehlen des persönlichen Pronomens beim Indikativ seit der Sturm- und Drangperiode wieder aufkam, Goethe besonders diese Kürze liebte (habe nun Philosophie, füllst wieder Busch und Thal"), dafs die Auslassung in ganz kurzen Sätzen (Vofs: sprachs") am auffallendsten ist; dafs (§ 7) das satzeröffnende „es" in Impersonalien bei vorangehendem Satzteil einfach wegfällt (es hungert mich, mich hungert"); ferner (§ 8) die Pluralendung aufs (Fräuleins) ist seit dem 17. Jahrhundert aus dem Romanischen eingedrungen; „Ich Substantiv Neutr. und Mask. (vgl. Opitz § 12); ein", richtiger als vereinzelnder Artikel bezeichnet, (§ 13) im Gotischen noch unbekannt, im Mhd. allgemein (Druckfehler S. 12, A. H. st. Jw.), im Plural im Nhd. verschwunden (§ 16), „ein" im Nhd. bei vielen Abstrakten unmöglich (doch eine Gesundheit ausbringen", § 17), „ein“ bei Verbindungen mit Präpositionen auch im Nhd. öfters fehlend (zu § 23: zu Tage treten, über Bord, über Wasser, über Stock und Stein u. s. w.). Beim kennzeichnenden Artikel „der" ist die Bemerkung anziehend, dafs er seit dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts bei Hauptpersonen, als wären sie Eigennamen, ausgelassen wird ($ 29: graut Liebchen auch, Knabe sprach). Sehr lehrreich ist der ausführliche Abschnitt über das Adjektiv. Manche Adjektivbildungen aus Adverbien sind uns noch unbequem (Lessings „die allzuofte Wiederholung, die so lang als mögliche Erhaltung", § 47). Wegen der noch herrschenden Unsicherheit über die Form des Gen. Sing. des attributiven Adjektivs (§ 69) wird darauf aufmerksam gemacht, dafs seit dem 17. Jahrhundert die entschiedene Neigung ist, die Form auf -en statt auf -es zu gebrauchen, doch nur dann, wenn das Subst. selbst im Gen. schon die Endung -es, -ens hat (guten Mutes"), aber wird ein Subst. im Gen. auf -en mit alleinstehendem Adj. verbunden, so geht das Adj. auf -es aus („redliches Menschen und redlichen Mannes"), man will also das Adj. vom Subst. differenzieren. Wo von der Steigerung die Rede ist (§ 88), ist Rückerts leichenfarber und Goethes letztester etwas sehr Ungewöhnliches, gewöhnlich ist jetzt allerletzt". Der Gebrauch der Pronomina erhält ebenfalls durch die geschichtliche Betrachtung neues Licht. Wegen des Personalpronomens er" bemerkt der Verf., dafs dabei die Apposition nicht ohne den Artikel stehen könne (§ 92); sollte man aber nicht sagen dürfen: Er, Schöpfer grofser Heere? Das pleonastische es bei Eröffnung des Satzes ist der Verf. geneigt als adverbialen Acc. aufzufassen, als schwache Demonstration; als Nomin. liefse es sich wenigstens beim Plural des Verbums nicht erklären ($ 91). In dem Anhange dieses Abschnittes, wo von der Apposition die Rede ist, konnte auf den besonders auffallenden Gebrauch Schillers: noch zuckend u. s. w., und bald obgleich entstellt von Wunden u. s. w. hin

gewiesen werden (§ 109). Wie die letzten Abschnitte des ersten Teiles, so bietet besonders der zweite Teil, welcher die Formationen des Verbums in vier Abschnitten: Genera, Tempora, Modusformen, Stellung des Verbums im Satze bespricht, reiche Belehrung; wir verfolgen, welche Einflüsse auf die Entwickelung der Sprache in den verschiedenen Zeiten gewirkt haben, wie unhaltbar manche Erklärungsversuche sind, die nicht auf die allmähliche Gestaltung Rücksicht nehmen, wie nicht jegliche sprachliche Erscheinung, die verwerflich scheint, wirklich verkehrt ist, und andere, die berechtigt scheinen, des geschichtlichen Haltes entbehren; kurz, wir gewinnen eine Fülle von Belehrung durch diese geschichtliche Betrachtung.

Volapük, die Weltsprache. Alfr. Kirchhoff: Volapük, Hilfsbuch zum schnellen und leichten Erlernen der Anfangsgründe dieser Weltsprache. Dritte Auflage. Halle, Waisenhausbuchhandlung, 1887. Kirchhoff: Schlüssel zu den Übungsbeispielen im Volapük-Hilfsbuch. Ebenda. W. Pflaumer: Vollständiger Lehrgang des Volapük nebst Schlüssel und Wörterbuch. Bearbeitet nach Prof. Kerckhoffs Cours complet de Volapük zum Gebrauch für Deutsche. (Höherer Kursus des Hilfsbuches von Prof. Kirchhoff.) Ebenda.

Das Volapük ist bekanntlich eine Erfindung von Joh. Martin Schlayer; es ist als solche kein Gegenstand für Sprachforscher, es verfolgt allein einen praktischen Zweck. Auch ist es nicht schön, es macht auch auf Schönheit durchaus keinen Anspruch, es ist nur die einfachste aller Sprachen, und weil es ein vollkommen deutliches wechselseitiges Verständnis ermöglicht, deshalb weissagen ihm seine Anhänger, deren es aufserordentlich viele zählt, eine siegreiche Zukunft. Die grofse Zahl der Anhänger spricht allerdings für den Wert dieser Weltsprache; ob sie so aufserordentlích leicht zu erlernen sei, dafs in einer Stunde die Grundzüge der Grammatik, in wenigen Tagen der unentbehrlichste Wortschatz zu erlernen sei, darüber kann man erst urteilen, wenn man einen Kursus darin durchgemacht hat. Jedes Volk wird auch weiter seine eigene Sprache reden und schreiben, das Volapük will nur die Vermittelungssprache zwischen allen Völkern werden, nicht etwa blofs zwischen den europäischen, sondern zwischen allen Völkern des Erdballs, es will denen dienen, die durch ihren Beruf gezwungen sind, mit den verschiedensprachlichen Völkern der Welt in Gedankenaustausch zu treten; als solche werden bezeichnet der Kaufmann und der Gelehrte; ob es für die letzteren von Bedeutung sein werde, ist zu bezweifeln, die Gelehrten werden schwerlich so bald unterlassen, entweder in der lateinischen oder in einer der verbreitetsten germanischen und romanischen Sprachen zu korrespondieren. Ganz anders stellt sich die Sache für die grofskaufmännische Welt, die nach aller Welt Beziehung hat. Und an diese denkt Prof. Kerckhoffs, der ausgezeichnetste Lehrer des Volapük an der Pariser Handelslehranstalt; der Vortrag, den er vor zwei Jahren zur Eröffnung dieses Unterrichtszweiges hielt, ist als Einleitung seinem von W. Pflaumer bearbeiteten Lehrgang vorausgeschickt. Hier hebt er die Wichtigkeit einer überall verständlichen Weltsprache für den Grofshändler und Grofsindustriellen hervor für den mündlichen und schriftlichen Verkehr; wollte man dazu eine der nationalen Sprachen wählen, so würde man teils an der Eifersucht der anderen Nationen, teils › an der Schwierigkeit aller unserer modernen Sprachen ein Hindernis finden; die Schwierigkeiten zeigen sich schon darin, dafs es viele Völker giebt, denen es nicht möglich ist, alle Laute der Kultursprachen auszu

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