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als den unglücklichsten unseres Lebens zu erklären. Die russischen Soldaten, dazu geboren, um alle Drangsale und alles Elend in seinen verschiedenen Formen zu ertragen, sind kaum mehr als das Vieh (?), schwerfällig, über jeden Begriff gefräßig und gierig, so dass sie Alles, was immer nicht über oder unter der Erde so sorgfältig als möglich versteckt war, ausspürten, stahlen und fortschleppten, mochte es auch noch so schwer sein. Kein Loch, keine Kammer, kein Keller und kein Schloss waren tief und fest genug, als dass sie dieselben nicht gewalt= thätig bloßgelegt oder erbrochen und sich Alles, was sich dort vorfand, angeeignet hätten.

Selbst Wiegen, Bettchen und Windeln erschienen ihnen nicht zu unbedeutend! Und das waren unsere Freunde, unsere Beschüßer! Besser würde man sie unsere Feinde nennen! Die russische Trägheit zeigte sich im Höchsten Grade darin, dass sie alle Zäune, Scheuern, Holz und was zum Verbrennen taugte, in einer Nacht vernichteten, obwohl sie rings von Waldungen umgeben waren, so dass wir mit Recht dafür halten mussten, dass die Russen zu uns geführt worden seien, nicht, um den Feind zu vertreiben, sondern um uns ein klägliches Verderben zu bereiten. und uns auszuhungern.

Im ersten Stocke meines Hauses befand sich das Hauptquartier. Daselbst wohnte der russische Obergeneral Neopistus Graf Buxhoevden, ein äußerst eingebildeter und stolzer, aber wenn ich nicht irre, ein wenig geistvoller Mann, den bei Tisch und außer Tisch Fürst Dolgorukij und eine Schar etwa fünfzehn anderer Generale beständig begleitete und unterhielt.

Die Franzosen bemühten sich, unter Benützung von Karten die Gegend kennen zu lernen.

Burhoevden dagegen führte einen Tross mit sich, ja sogar Jagdhunde und andere Wesen, deren ich hier aus Rücksicht auf die Ohren anständiger Leute gar nicht gedenken kann, auf 11 Kutschen und eben so viel Wägen

in den Bereich des Pfarrgebäudes, so dass die Anzahl der Reitpferde für ihn, seine Generale und Diener, wie auch die Zahl seiner unzähligen Wachposten auf 139 Mann und 96 Pferde anwuchs, die ich füttern musste bis zur äußersten Grenze der Möglichkeit. Unendliches Lob sei Gott dargebracht, weil er es nicht zuließ, dass diese unsagbaren Drangsale länger als einen Tag dauerten. Und so haben Freunde, Beschützer, Verbündete an uns gehandelt, was hätten sie noch verüben können, wenn sie als Feinde erschienen wären?! Wenn sie noch länger bei uns verblieben wären, hätten sie mein ganz und gar ausgeraubtes Haus rein umgekehrt.

Am selben Tage 29. November - geruhte Seine Majestät, unser durchlauchtigster Kaiser Franz, mich und mein Haus durch die Gnade seines Besuches zu beglücken. Er glaubte nämlich, dass der russische Czar Alexander bei mir weile, und kam in Begleitung des Ministers Kobenzl und der Generale Lamberti und Schwarzenberg, ihn bei mir zu suchen. Der Kaiser geruhte länger als eine Viertelstunde in herablassendster Weise mit mir zu sprechen. Er erkundigte sich um den Einfall der Franzosen und die mir oder der Kirche zugefügten Verluste, tröstete mich voll väterlicher Besorgnis und versprach gnädigst das Ende der Drangsale. Er besprach einige Angelegenheiten, die sich auf den bevorstehenden Zusammenstoß mit dem Feinde bezogen, und kehrte, nachdem er wenigstens fünf Viertelstunden in meinem ebenerdigen Schlafzimmer verweilt hatte, nach Bochdaliz zurück, wo er die Nacht mit dem russischen Czaren Alexander, einem jungen, edelgeformten und über aus freundlichen Manne, zubrachte. Nach Beendigung kurzer Berathungen begaben sie sich zur Ruhe; der russische Kaiser übernachtete im Schlosse, unser Kaiser beim Verwalter, General Kutuzov, der Oberbefehlshaber der alliierten Truppen, in Pawlowitz und unser General, Fürst Liechtenstein, ein treuer, tapferer und Hoheit ge= bietender Mann, in Neu-Hwiezdlig. Der leibliche Bruder

des russischen Czaren, Großfürst Constantin, Commandant der überaus prächtigen Garde des Czaren, viele Männer aus dem vornehmsten russischen Adel nahmen in Medlowig Quartier, da er hinter den übrigen Corps marschierte. Am zweiten Tage am 30. November sette sich die gesammte Armee der Vereinigten in Bewegung und marschierte in die ihr zugewiesenen Stellungen

Soweit das Gedenkbuch der Pfarre Kutscherau. Nicht anders als die Russen, benahmen sich überall auch die Franzosen, wie dasselbe Gedenkbuch, überdies auch die Hausprotokolle der Pfarren Posorziz, Aujezd, Telnig, Lechwitz u. v. A. beweisen. Es seien hier nur einige Aufzeichnungen zum Beweise angeführt.

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Bilder aus der Kriegsnoth.

Aus der Handschrift Josef Ulrich's, gewesenen Dechants und Pfarrers in Wischau: Am 21. November 1805 gegen 11 Uhr vor= mittags drang eine Abtheilung französischer Husaren vom 9. Regimente in Wischau ein und die feindlichen Reiter ritten, da die russisch-österreichische Armee am Vortage durch die Stadt gezogen war, durch die Straßen hin und her, um nach russischen und österreichischen Soldaten zu suchen, die vielleicht infolge von Ermüdung oder erlittener Verwundung in der Stadt zurückgeblieben wären und sich in der Stadt versteckt hätten.

Gleich bei ihrem Eindringen verlangte der Com= mandant 5000 fl. als Brandschaßung. Nur durch viele Bitten des Dechants Ulrich und des Postmeisters Scheibner ließ sich der französische Officier erweichen und setzte die Summe auf 2000 fl. herab, die binnen einer halben Stunde erlegt sein musste. Nach einer Weile gab der Officier diese Summe zwar wieder zurück, doch musste für die Mannschaft Wein und anderes Getränke geliefert werden.

Inzwischen trafen in der Stadt einige Officiere des französischen Generalstabs ein, welche sich sofort auf die Post begaben, sämmtliche Briefe mit Beschlag belegten und dann an Napoleon nach Brünn übersandten.

Da sich das Hauptquartier der französischen Avantgårde in Neu-Raußnitz befand, wurde von Wischau eine Deputation, bestehend aus dem Dechant Josef Ulrich, dem Amtmanne Andreas Zelinka, dem Syndicus Franz Beyer und dem Postmeister Franz Scheibner, dahin abgeschickt. Die Deputation wurde nach ihrem Eintreffen in Neu-Raußnih dem Prinzen Murat, dem Schwager des französischen Kaisers Napoleon und Befehlshaber der Cavallerie, sofort angemeldet, musste jedoch warten, da der Prinz eben speiste. Nach eingenommener Mahl= zeit empfieng Murat die Deputation und hörte sie ruhig an. Die Deputation bat um Schuß und Schonung des persönlichen Eigenthums, die Murat auch in Aussicht stellte.

Nebst dem Prinzen Murat waren in Raußniz die Marschalle und Corps-Commandanten Lannes und Soult, einige Divisions-Generale, worunter CavallerieGeneral Walter, dann die Brigadier-Generale Treilhard, Caffarelli, Sebastiani, Fanconnet und andere, sowie eine große Anzahl von Generalstabsofficieren.

Nachdem die Deputation über eine Stunde mit dem Prinzen Murat und den übrigen Generalen gesprochen hatte, wurde sie entlassen und kam um halb sechs Uhr abends nach Wischau zurück.

Nach 6 Uhr abends drang das ganze 9. Husarenregiment, 500 Mann stark, in die Stadt; General Treilhard, Commandant dieser Vorhut, wohnte im Wischauer Schlosse, während das Regiment in der inneren Stadt einquartiert wurde.

Nun begann in Wischau das Elend! Die For= derungen nach Wein und Proviant, die vom General bis zum letzten Soldaten gestellt wurden, wollten fein Ende nehmen und überstiegen die Leistungsfähigkeit der Bevölkerung.

Die ausgesuchtesten Speisen mussten bereitet und den Feinden geboten werden; den Pferden durfte es nicht an Hafer und Heu fehlen.

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