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wird schwer verwundet, die Franzosen wanken bereits, aber leider! Die Verbündeten hatten im Cen= trum der Schlachtlinie keine Reserve mehr, weil diese bereits anderwärts und zwar am rechten Flügel bei Blaschowig verwendet worden war; die Franzosen dagegen erhielten Unterstüßung und der Kampf war entschieden!

Kutuzov, der gleich am Beginne der Schlacht im Gesichte verwundet wurde, war durch das Erscheinen der französischen Infanterie bei Praße überrascht, ein Umstand, der seinem Generalstabe durchaus nicht zur Ehre gereichte. Praze liegt kaum eine Stunde Weges von der Stelle, wo die Hauptmacht Napoleons lagerte und auf eine so unbedeutende Entfernung darf nichts unaufgeklärt bleiben, wenn genügende Reiterei vorhanden ist, und ganz besonders nicht in der Richtung, woher eine Gefahr drohen kann.

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Das Gewehr- und Geschüßfeuer gestaltete sich von beiden Parteien so lebhaft, dass es den Anschein hatte, als ob die Luft mit Explosivstoffen angefüllt gewesen wäre, die unter blißartigen Erscheinungen und ohrenbetäubendem Gefrache explodierten. Die Schlacht gab durch das Donnern der Geschüße ein lebendiges Bild vom letzten Gerichte", bemerkt das Gedenkbuch der Pfarre Kutscherau. Denn Praze zu behaupten, hieß den Sieg des Tages endgiltig sichern! Deshalb begann ja auch, als Praze sammt Umgebung verloren war, der Rückzug und eine allgemeine Flucht in der Richtung gegen Křenowit, Wažan, Zbejschow und Hostiehradek. Auf der Flucht blieb auch die größere Zahl der Geschüße im weichen, lehmigen Boden stecken, in den die schwer belasteten Räder tief einschnitten und verfielen. Die russischen Pferde, welche mehr zum Reiten als zum Ziehen geeignet sind, waren nicht imstande, die eingejunkenen Geschütze herauszuziehen. Dabei fielen die todbringenden Kugeln der französischen Batterieen bis in Krenowit ein. Um Mittag herum wurde nur noch in

den Weingärten am östlichen Abhange des Berges von Praze gekämpft. Wenn wenigstens der größere Theil der drei Corps des linken Flügels, die bei Telnig und Sokolnih engagiert waren, in diesem entscheidenden Zeitpunkte auf die Höhe von Praße zu Hilfe geeilt wären, -die einzige Brigade Kamenskoi, angefeuert durch das stürmische Vordringen der Franzosen, fehrte über Befehl Langerons auf die Höhe zurück und griff wirksam in den Kampf ein, wer weiß, welche Wendung die blutige Schlacht von Austerlig in dieser Stunde genommen hätte! Leider kümmerten sich die Corps, die auf dem ihnen zur Beseßung bestimmten Terrain mit ängstlicher Genauigkeit vorrückten, sonst um den Feind nicht.

In zwei Stunden - nach 11 Uhr vormittags war Praze sammt den Höhen, der Schlüssel der ganzen Schlacht, erobert und die beiden Flügel der riesigen Armee der Verbündeten vollständig getrennt. Die Mittagssonne schien auf ein blutge= tränktes, niedergesengtes, zerschossenes Dorf, angefüllt mit lebenden und todten Soldaten.

Wer hat also beim Kriegsrathe in Krenowiß das Richtige vorausgesagt, der Commandant des Generalstabes Weyrother oder Langeron, der Commandant des zweiten Corps?

Es erfüllte sich nun auch die zweite Vorhersagung Napoleons, die er am 1. December gemacht hatte: Morgen abends gehört diese Armee mir!"

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Napoleon wunderte sich gar sehr, als er die Division Bernadotte am Nachmittage noch dort stehen sah, wo er sie vormittags verlassen hatte. Er äußerte deshalb auch seine berechtigte Unzufriedenheit. Bernadotte hätte ja in der Verfolgung des Feindes bis zur Gödinger Straße vordringen können, wohin sich unser Centrum und unser rechte Flügel zurückzog. Dadurch hätte er die Niederlage der Verbündeten vollendet!

Der Kampf an unserem rechten Flügel.

Sehen wir uns nun nach unserem rechten Flügel und dem linken der Franzosen um! Das Terrain war für Cavalleriegefechte vorzüglich geeignet, denn schöne Ebenen dehnten sich weithin aus. Hier lieferten auch von 9 Uhr vormittags an Lannes (f) und Bagration (F), Murat (e') und Liechtenstein (E') förmliche Schlachten, die, reich an Wandlungen, schließlich mit dem Siege der Franzosen endeten. Fürst Johann Liechten= stein, ein sehr gewandter und tapferer Heerführer, sollte als Commandant der Cavallerie des fünften Corps nach Weyrothers Plan mit seinen österreichischen und russischen Escadronen zwischen Schlapanig und Kruh Stellung nehmen und den Feind gegen das Löscher Wirtshaus („Marlowka“) zurückdrängen. Allein der Feind kam ihìn zuvor. Liechteinstein stand nämlich ursprünglich bei Praze im Centrum der verbündeten Armee und außerdem stand dem rechtzeitigen Vormarsche seiner Reiterei das dritte Corps Przibyszewskis im Wege. Deshalb musste Liechten= stein gegen Kruh abschwenken (E'). Die so zwischen dem Centrum und dem rechten Flügel entstandene Lücke füllte Großfürst Constantin mit seiner Reserve (der Garde) aus (Gʻ).

Constantin, der mit seiner Reserve aus dem hinlänglich tiefen Thale des Raußnizer Baches auf die Höhe zwischen Holubiz und Blaschowitz (G') emporgestiegen war, wurde

sofort von der französischen Infanterie angegriffen und sah sich so zu seiner großen Überraschung mit einemmale in der ersten Schlachtreihe, obwohl er doch die Reserve befehligte!

Die Reiterei Liechtensteins (82 russische und österreichische Escadronen) kämpfte, wie selbst französische Berichte zugestehen, tapfer und ausdauernd. Die Reiterei wirkt besonders durch den moralischen Eindruck; der Boden erzittert unter den Hufen der Pferde, Massen tauchen plötzlich auf und werfen alles nieder, so dass selbst die Muthigsten ein Schauer befällt. Und so geschieht es häufig, dass eine kleine Reiterabtheilung eine große Menge Infanterie demoralisiert. So wurden in dieser Schlacht 2500 Russen von 120 französischen Reitern gefangen genommen!

Das Gemezel der entwickelten Escadronen gestaltete sich auf den Blaschowißer Höhen um so blutiger, als die in geringer Entfernung stehende Infanterie und Artillerie die Cavalleriemassen von beiden Seiten mit einem heftigen Kugelregen überschüttete. Ein einziges Geschoß warf eine ganze Reihe französischer Trommler vom 1. Regimente der Division Caffarelli nieder. Eine Kanonenkugel zerschmetterte den Fuß des Generals Valhubert. Einige Soldaten wollten ihn wegtragen. „Bleibt an Euerer Stelle, ich kann allein sterben. Es geht nicht an, wegen eines Mannes sechs andere zu verlieren", sprach abwehrend General Valhubert.

In wildem Fluge, wie vom Sturm gepeitschte Wellen, wirbelten die blizenden Klingen der Säbel gegen und durch einander; man sah in buntem Gemenge im Winde flatternde Fahnen, verschiedene Uniformen, Czakos und Helme in allerlei Formen, blizende Waffen und schnaubende Pferde. Dieses schaurig schöne Schauspiel war zeitweise von blauem Rauche wie mit einem dichten Schleier bedeckt; wenn sich aber der Rauch zu verflüchten begann, fonnte man zwischen den Rauchwolken Soldaten sehen, die wie wüthend auf einander losschlugen, für

Augenblicke ganz in Staubsäulen eingehüllt waren und vielfach reihenweise, von den Kanonenkugeln getroffen, hinsanken. Scheu gewordene Pferde rannten, vor Schrecken Laut wiehernd, zwischen den Reihen der Kämpfenden umher, die immer dünner wurden... Es geschieht häufig, dass wenn Reiterei gegen Reiterei attaquiert, plöglich beide Theile wie gebannt stehen bleiben, umkehren und weichen.) So geschah es auch hier. Die Escadronen warfen sich mit lärmendem Getöse auf einander, prallten ab und kehrten in wildem Galopp zurück, stürzten sich wieder in den Kampf und hieben unter dem Feuer der Geschüße und Gewehre auf einander ein. Ganze Reihen von Reitern fielen wie vom Sturme niedergerissen, während die übrigen einige Schritte vor der feindlichen Linie umkehrten.

Bei Napoleon trafen die von ihm entsendeten Adjutanten und die Ordonanzen der Marschälle ununterbrochen ein, um Meldungen über den Verlauf der Schlacht zu überbringen. Dabei unterließ es Napoleon nicht, an gefährdete und bedrohte Positionen immer zur rechten Zeit auch die nothwendige Unterstüßung abzuschicken.

Mit ungesehener Tapferkeit kämpfte das unansehnliche Corps der Mameluken, welche nach der ägyp tischen Expedition freiwillig in die französische Armee eingetreten waren. Sie trugen auf dem Kopfe grüne Turbane mit weißen Binden, lichtgrüne Röcke und breite Hosen von ziegelrother Farbe. Napoleon stellte aus ihnen eine Escadron von 250 Mann zusammen und verleibte sie seiner Garde, dem Regimente berittener Jäger, ein. Die Mameluken, geschulte und bewegliche Reiter, schlugen die Köpfe der Feinde mit ihren gebogenen Säbeln mit einem Streiche ab und verseßten mit ihren langen Sporen unseren Soldaten tödtliche Wunden in die Lenden. Ein Mameluke kam dreimal in Galopp auf die Anhöhe, woselbst Napoleon stand, angesprengt und überbrachte

1) Suggestion?

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