Page images
PDF
EPUB

Pejor, pessimus

Feind.

Im ersten bande dieser zeitschrift sind die bisher gegebenen etymologieen von pejor zusammengestellt und von mir als unbegründet bezeichnet. Gegenwärtig mache ich selbst einen versuch das dunkle wort auf seine quelle zurückzuführen.

Nur das älteste sanskrit kennt eine wurzel pîy und verwendet sie zu einigen ableitungen. Yâska sagt von dem verb pîyati, es sei hinsâkarma, thätigkeit des beschädigens, verletzens. Wir wissen, welch ein weites gebiet die indischen lexicographen den von ihnen aufgestellten wurzeln geben, und werden uns an die belegstellen selbst zu halten haben um die specielle bedeutung zu finden. In den eigentlichen Veden sind mir nur fünf stellen bekannt, in denen das verb vorkommt. Am klarsten ist Rv. 1., 147, 2:

piyati tvo ánu tvo grnâti, vandarus te tanvàm vande agne. Am einfachsten ist es hier pîyati als gegensatz zu anugrnâti zu nehmen und zu übersetzen: „der eine schilt, der andere besingt dich; ich ein lober lobe deinen leib, o Agni." Nothwendig ist diese bedeutung „schelten, schmähen“ nicht, denn „hassen“ würde eben so gut sich fügen. Eine zweite stelle ist Rv. 8, 21, 14:

nákî revántam sakhyaya vindase, piyanti te surâçvàḥ | yada kṛṇóshi nadanúm, sám ûhasy; ad id pitéva hûyase || „nicht güterreiche findest freundschaftlich du dir gesinnt, schwelger hassen (schmähen) dich; läfst du deinen donner rollen und schlägst darein, dann ruft man dich, wie einen vater an." Rv. 10, 68, 6:

yada valásya piyato jásum bhéd br'haspátir agnitápobhir

arkaiḥ

„als Brihaspatir des frevlerischen (schmähenden, feindlichen) Vala bauch*) mit feuerglühenden flammen spaltete." Av. 5, 18, 5:

*) Die übersetzung „bauch" ist nur gerathen und nimmt natürlich

ishur iva digdha nṛpate, prdâkúr iva gopate |

să brâhmanásyéshur ghora, táyâ vidhyanti piyataḥ || ,wie ein giftgetränkter pfeil, männerbeherrscher, wie eine schlange, o rinderbesitzer, ist dieser pfeil des Brahmanen furchtbar, mit ihm verwundet man die frevler *).

Ableitungen von pîy sind mehrere vorhanden. Zunächst piyâru (gebildet wie kúṇâru, vandãru). Rv. 3, 30, 8: abhí vṛtrám várdhamânam píyârum apadam indra tavásâ jagantha

„den anwachsenden frevlerischen Vṛtra, den fufslosen, hast mit starker waffe Indra du getödtet." Av. 11, 2, 21: mă no góshu púrusheshu, mã grdho no ájâvíshu | anyátrogra ví vartaya, piyârûṇâm prajẩm jahi || „nicht nach unsern rindern, unsern leuten, nicht nach unsern ziegen und schafen trachte du; anderswohin, schrecklicher, wende dich, vernichte der frevler nachkommenschaft." Eine zweite ist pîyatnú (gebildet wie ârujatnú, d. h. affix des part. präs. zugleich mit dem primären nu**), we'ches nur Rv. 8, 2, 15 vorkommt:

mã na indra pîyatnáve ma çárdhate párâ dâḥ

nicht einem frevler (schmäher, feinde), nicht einem übermüthigen gieb uns preis." Endlich noch pîyú. Rv. 1, 174, 8. 2, 19, 7:

nanámo vádhar ádevasya pîyóḥ

„zu boden senke das geschofs des gottlosen frevlers." Häufig erscheint dieses wort im Av. in dem compositum devapîyú, götterfeind. Einmal auch im Yv. 35, 1:

ápetó yantu paṇáyó 'sumnâ devapîyávaḥ

deshalb keinerlei auctorität in anspruch. Eben so gut wird bauch aber stehn können als Sayapa's erklärung „waffe", die eben nur aus der gangbaren bedeutung der wurzel jas gefolgert ist. Das wort kommt nur noch einmal vor, Rv. 10, 33, 2: ní bâdhate ámatir nagnátâ jásuḥ. „Armuth, blöfse, mein magen peinigt mich."

*) Es bleibt die stelle Rv. 10, 28, 11, wo yé brahmáṇaḥ pratipiyanty ánnaiḥ. Die stelle ist mir nur soweit verständlich, als ich weifs, dafs Benfey's (Sv. gl. p. 124) übersetzung ,,belasten" keinen sinn giebt.

**) II, 169 hätte ich, und herr Benfey in seiner sanskritgrammatik, bemerken sollen, dafs diese und bildungen von poshayitnu, stanayitnu ein doppelaffix, nämlich das des part. präs. und nu, enthalten.

„von dannen gehn mögen die Pani's, die lobgedichtlosen, die götterfeinde.“ Av. 4, 35, 5:

áva bodha dvishántam, sapátnâḥ yé me ápa te bhavantu „im auge halte den hasser, den götterfeind, meine verfolger mögen fern sein." Av. 5, 18, 5:

ya enam hánti mṛdúm mányamâno devapîyúr dhánakâmo ná cittát |

sám tásyéndro hr'daye agním inddhe, ubhé enam dvishto nábhasî cárantam ||

"wer ihn (einen Brahmanen) tödtet, als schwach ihn ansehend, ein götterfeind, geldgieriger, in unbesonnenheit, in dessen herzen zündet Indra ein feuer an, beide, himmel und erde, hassen ihn auf erden wandelnden." Vgl. noch Av. 5, 18, 8. 13. 11, 2, 23. 12, 1, 37.7, 4

11,

[merged small][ocr errors][merged small][merged small]

"

Soviel erhellt aus diesen stellen, dafs man bei den verbalformen zwischen den bedeutungen „schmähen“ und ,,hassen" schwanken kann, für die ableitungen hingegen die allgemeine „frevelnd, ruchlos, schlecht" sich besser fügt. Wäre aber auch „schmähen" die erste, so ist vom schelten kein weiter sprung zum hassen. Ich zweifle nun nicht, dafs das lateinische pejor auf diese wurzel pîy zurückzuführen ist. Und zwar glaube ich, dafs wir den positiv desselben in dem letztgenannten pîyu zu finden haben, nur dafs wir diesem statt aktiver bedeutung hassend" die passive gehafst schlecht" beilegen müssen. Kleiden wir pîyu in ein lateinisches gewand, so kommen wir nach wohlbekannten analogieen zu pîvis oder pîis; dessen comparativ ist pîior, pîjor, und von hier aus gelangen wir nach art von êjus statt îjus, eunt statt iunt zu pejor. Der superlativ pessimus ist eine zusammenziehung von pêjussimus, pêjis-simus. Es werden wohl nur wenige gegenwärtig leugnen, dafs z. b. clarissimus aus clarius-simus entstanden ist. Will man aber auch jenes pîis nicht als positiv annehmen, und in der that liegt wenig an solchen der theorie halber erzeugten gedankengespinnsten, immer

glaub ich wird man bei der wurzel pîy stehn bleiben

müssen.

Zu der ich dann auch ein deutsches wort ziehe, nämlich feind. Nachdem freien und freund längst ihren stammbaum gefunden, ist es zeit, dafs auch feien und feind zu ruhe kommen. Bopps vermuthung, es stamme von bhî (fürchten) weist zumal der nicht stimmende anlaut ab. Goth. fijan bedeutet hassen und dessen part. präs. fijand (feind) stimmt ziemlich genau zu pîyant und pîyat-nu. Merkwürdig ist, dafs das nur einmal vorkommende abgeleitete faian das griech. utupɛo9a übersetzt. Rom. 9, 19. liva nauh faianda, tí eti μéuqetai, wörtlich: quid adhuc vituperantur.

Th. Aufrecht.

Die tafel von Bantia.

(Kirchhoff, das stadtrecht von Bantia. Ein sendschreiben an hrn. Mommsen. Berlin 1853. Dr. L. Lange, die oskische inschrift der tabula Bantina

und die römischen volksgerichte. Göttingen 1853.)

Die tafel von Bantia ist eines der bedeutendsten oder geradezu das bedeutendste der oskischen sprachdenkmale, und zugleich erregt ihr sachlicher inhalt ein nicht kleines interesse, da sie uns jedenfalls rechtliche verhältnisse der stadt Bantia aufdecken soll und dadurch auch weiterhin licht werfen kann, sei es nun dafs sie, wie Mommsen und andere mit ihm angenommen, ein römisches gesetz sei und wesentlich bestimmungen über den ager publicus enthalte, oder sei es, dafs sie, wie Kirchhoff und im ganzen mit ihm übereinstimmend Lange behaupten, eine bantinische urkunde sei für das stadtrecht von Bantia. Es ist darum ganz natürlich, dafs nach der sehr bedeutend vorgeschrittenen auslegung der umbrischen denkmale und nach verschiedentlicher prüfung von einzelnheiten auf dem gebiete des oskischen idiomes, wie sie vorzüglich in dieser

zeitschrift gepflegt ward, die verhandlung über diese mehrfach wichtige reliquie einer einläfslichen revision unterworfen wurde. Sehr wenige aber möchten zu solcher arbeit in allen beziehungen gleich geschickt sein, als Kirchhoff, der durch seine mitbethätigung bei aufhellung der umbrischen denkmale, durch seine scharfe musterung der neuesten forschungen auf dem gebiete der italischen sprachen und durch seine gröfsern und kleinern abhandlungen über einzelne eigenthümliche erscheinungen in den italischen sprachen zur genüge die reichste befähigung für derartige forschungen an den tag gelegt hatte. Und wohl vorzüglich Kirchhoff's sendschreiben regte den in sehr verschiedenen zweigen der philologie mit glück sich versuchenden göttinger docenten Lange an auch seine resultate über diesen gegenstand zu veröffentlichen; sprachlich und sachlich soll seine abhandlung eine ergänzung und weitere begründung jenes sendschreibens sein. Die beiden kleinen schriften, besonders aber die von Kirchhoff, zeichnen sich durch eindringenden scharfsinn, klare methode und auslegung eines gründlichen und umfassenden wissens aus, und das hauptresultat, das sich in ihnen ergeben, scheint auch uns das richtige zu sein, obwohl das volkstribunat in Bantia noch nicht hinreichend aufgehellt und begründet, im gegentheil gerade hier viel zu kurz abgethan worden ist. Der wohlthätige eindruck, den solche untersuchungen machen, hätte nur nicht geschwächt werden sollen durch eine oft bittere, wenn auch vielleicht nicht bös gemeinte polemik, die vorzüglich bei K. zu viel raum gewonnen hat; es will uns bedünken, dass, wer immer diesen schönen und höchst instructiven forschungen seine aufmerksamkeit zuwendet, finden werde, es wäre einem heros gegenüber, der in mehreren feldern und gerade auch auf diesem eigentlich erst bahn brechen und aufräumen musste, eine etwelche bescheidenheit ganz am platze gewesen.

Wir lassen bei unserer anzeige die sachliche seite aufser augen, in die sprachliche gehen wir in derselben weise ein, wie seiner zeit bei der anzeige der Ritschl

« PreviousContinue »