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Motive zurück, andrerseits darauf, daß dieselben für „Desterreich“ vollkommen überflüssig seien und es nur einer Fremdsucht entspringe, wenn man doch französische Waaren consumire, obwohl in Wien jährlich für mindestens 100000 Thaler sog. französische Waaren erzeugt werden. Es hieße also nur eine unglückselige Ausländerei und Mode, die man „zu ihrem Vater, dem Teufel, schicken soll", unterstüßen, wenn man das Publikum und besonders die „frechen Weiber“ nach französischen Waaren greifen ließe. Hornick sieht kein anderes Mittel, als daß der Kaiser und mit ihm der ganze Hof das Beispiel gebe und keine ausländischen Waaren mehr beziehe (S. 181). Wenn dann troß Verbotes und guten Beispieles durch den Hof doch noch französische Waaren importirt würden, dann müßte man sehr strenge Strafen verhängen. Die Commissarii“, welche aus Paris zurückkehrten mit Modeartikeln, sollen „aufgehenkt, die Weiber Landes verwiesen werden“; „man müßte sehen, ob der Landesfürst Herr oder ein paar freche Weiber es sind“ (S. 121). Welche Wandlung ist hier vorgegangen seit Seckendorff, welcher, wie auch Roscher1) zugibt, den Import ausländischer Waaren mehr aus moralischen und polizeilichen Gründen als aus ökonomischen Motiven verbietet. Jezt kämpft man um die staatliche und ökonomische Selbständigkeit mit dem Verbote ausländischer Waare. Die große Campagne, deren Endzweck die Erziehung der nationalen Industrie und die Schaffung selbständiger Staats- und Wirthschaftsgebiete ist, beginnt! An ihrer Spize stehen in Deutschland) Becher und Hornick.

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Bei Hornick, wie bei kaum einem anderen Autor, steht die handelspolitische und allgemeine wirthschaftliche Auffassung im engsten Zusammenhange. Er hebt bedauernd hervor, daß in „Desterreich", wo die natürlichen Voraussetzungen für die Pro

1) Geschichte der Nat.-Oek. Bd. 1 S. 248.

2) Oesterreich soll, nach Hornick, Deutschlands Vorgänger sein (S. 5), so daß, wenn Hornick Oesterreich sagt, man troß seiner Eifersucht gegen Preußen annehmen kann, daß ganz Deutschland gemeint sei.

duction in so reichem Maße vorhanden sind, die beiden anderen, von ihm betonten Punkte, nämlich die Unabhängigkeit von anderen Staaten und die Intelligenz der Bewohner in so geringem Grade entwickelt seien. Zunächst faßt er die Förderung des zweiten Punktes die wirthschaftliche und politische Unabhängigkeit

ins Auge.

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Zu diesem Behuse wünscht er den Export von fertigen Industrieproducten oder solcher Rohstoffe, welche nur roh benußt werden können. Solcher Handel kann „nüßlich“ genannt werden; ebenso derjenige, welcher ausländische Waaren im Auslande fauft und wieder im Auslande verkauft, oder inländische Rohstoffe im Inlande verarbeiten läßt und wieder im Inlande verkauft oder die im Inlande mangelnden Rohstoffe importirt, sie im Inlande verarbeitet und entweder im In- oder im Auslande verkauft. Dagegen ist Industrieproducte aus dem Auslande ins Inland bringen ein schädlicher Handel, eine „nichtswürdige, verderbliche, unerträgliche Krämerei, die auch ein jeder Jude nachthun kann“ (S. 14).

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Eine nationale Industrie will er schaffen durch das Verbot ausländischer Waaren; auf diese Weise soll „gleichsam aus der Asche auswärtiger Güter ein erneuerter Phönix der einheimischen entstehen“ (S. 126). Um nun diesen deutlich bezeichneten Erfolg zu erzielen, stellt Hornick neun Regeln auf.

Vor allem thut genaue Kenntniß des Landes noth, schon deshalb, um zu wissen, welche Territorien unbebaut sind und wo man Gold und Silber finden könne; ferner sind alle Rohstoffe, welche man nicht als solche im Inlande consumiren kann, in Manufacturproducte umzuwandeln. Zu diesem Zwecke ist nothwendig, daß im Lande „soviel Menschen nur immer sich drinnen ernähren können" wohnen; deshalb muß man den Menschen auf alle Weise die Möglichkeit, sich im Lande aufzuhalten, schaffen, muß die Müssiggänger zur Thätigkeit bringen und den Unterricht fördern. Speciell für gewerblichen Unterricht verlangt Hornick, daß man „wo

nöthig die Lehrmeister dessen aus der Fremde herein zu vermögen“ anstreben müsse.

Weiters will Hornick Gold und Silber unter keiner Bedingung aus dem Lande laffen, fügt aber vorsichtig hinzu „soviel nur immer möglich“. Man muß verhüten, daß Gold und Silber vergraben werde, also dafür sorgen, daß es in Circulation bleibe. Hornick wünscht auch nicht eine starke Verarbeitung von Gold und Silber in der Industrie, wenn man dasselbe aus den Industrieproducten nicht leicht wieder herausbekommen kann.

Die Waaren sollen in möglichst unfertigem Zustande importirt werden, weil dann noch Arbeitslohn daran zu verdienen ist. Ferner muß man immer darauf bedacht sein, fertige „überflüssige“ Güter zu exportiren und wenn möglich" Gold und Silber dafür erwerben. Güter. „deren Art inner Landes zur Genüge und in erträglicher Güte fällig“ sind, dürfen nicht importirt werden. Man müsse daher für die eigenen Exportobjecte immer neue Absaßwege aufsuchen und selbst eine Nothlage eines anderen Staates ausnußen, „denn da hat alle Freundschaft ein Ende, wo selbe zu meiner Schwächung und Verderbung angesehen“ (S. 32). In seinem Eifer, den ausländischen Waaren den inländischen Markt streitig zu machen, will er ausländische Producte verboten haben, wenngleich die inländischen Waaren schlechter an Güte oder auch höher an Werth (Preis) sein sollten; denn besser wäre, es komme auch einem übel Berichteten so seltsam vor als es will, für eine Waare zwei Thaler geben, die im Lande bleiben, als nur einen, der ausgeht“; daraus zeigt sich, daß Hornick viel größeren Werth auf das „Geld" legt als Becher.

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In diesem Punkte unterscheidet sich Hornick überhaupt nicht zu seinem Vortheile von Becher und von den meisten späterer Autoren, ganz besonders von Justi. Es erfüllt ihn eine Hast, die sich aus einer überall erkennbaren inneren Energie erklären mag. Man fühlt, daß Hornick sein Werk in einem

edlen patriotischen Eifer geschrieben habe, daß er über die unvernünftige und grenzenlose Ausländerei in Zorn gerathen sei, daß er empört war über die Abhängigkeit seines Vaterlandes in wirthschaftlicher Beziehung, sowie darüber, daß sein geliebtes, gesegnetes Vaterland auch politisch nichts gelte lauter Dinge, die aus der politischen Stellung Deutschlands, speciell Frankreich gegenüber, leicht erklärlich sind. Er will es daher mit einem Schlage zur selbständigen und tonangebenden Macht emporheben. Dies anerkennt auch der „erfahrene Cameralist“, dessen „unparteiische Gedanken über die österreichische Landesökonomie und leichteste Vermehrung der erzherzoglichen Kammergefälle“ (1753) der uns vorliegenden Ausgabe von „Desterreich über Alles" beigegeben sind. Der Verfasser sagt, daß Hornick „zu seinen Zeiten gesprochen“ und daß seine Vorschläge hervorgerufen seien durch die Noth, in welche Desterreich durch die Kriege gestürzt wurde. Der erfahrene Cameralist" theilt allerdings Hornick's Ansicht nicht, wenn er auch begreift, daß einem besorgten Oesterreicher und Patrioten damals bange genug geworden sein mochte; er glaubt, daß, nachdem der Luxus einmal da sei, er sich auch nicht beseitigen lasse, solange die inländische Industrie nicht ebenso gut arbeite wie die ausländische und daß daher so lange der Import stattfinden werde. Es werden zwar Strafgelder einfließen, aber der Beutel der Unterthanen wird sich desto schneller leeren“ (S. 368). Der Luxus sei nicht zu ändern und nicht einmal zu beklagen. Das behauptet übrigens auch Hornick nicht, sondern er findet nur, daß man dem Luxusbedürfnisse mit inländischen und nicht mit ausländischen Waaren genügen solle.

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Hornick's patriotische Ungeduld läßt eine schrittweise Erziehung der inländischen Industrie nicht zu. Die von Anderen zu derartigen Zwecken empfohlene Ertheilung von temporären Privilegien, Errichtung von Handelscompagnien, Erweckung des Betriebsgeistes und Abschluß der Grenzen gegen die ausländische Industrie, sobald die inländische eine gewisse Grenze der Voll

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kommenheit erreicht, Errichtung von Magazinen, in welchen die erzeugten Waaren so lange lagern können, bis sie verkauft werden — all das hält Hornick für ungewiß, langweilig und unfehlbar nichtig“ (S. 100) und macht einen Vorschlag, durch welchen sozusagen binnen 24 Stunden“ eine inländische Industrie herangebildet würde.

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Beim langsamen Proceß fürchtet er vor allem den Luxus, ,,diese rasende Bestie", welche sich's nie mit inländischen Waaren genügen lassen wird, wenn sie ihr nicht gänzlich genommen sind. Darum verbietet Hornick zuerst die ausländische Einfuhr und erwartet, daß dann die inländische Industrie sich heranbilden werde. Er schüßt also etwas, was noch gar nicht existirt. Auch hier muß man Hornick cum grano salis auffassen und sich gegenwärtig halten, daß er zumeist den Import von Luxuswaaren bekämpft und ja troß seines Strebens nach inländischer Industrie die Möglichkeit eines Importes zugibt. Darum stört es Hornick nicht allzusehr, wenn die inländischen Waaren etwas weniger gut oder etwas theurer als die ausländischen sind, obwohl er die Inferiorität der inländischen Waare nicht immer Wort haben will, denn „in vielen Dingen ist das Verblendung des Teufels". Der erfahrene Cameralist" sagt, daß die fremde Waare gar nicht besser zu sein brauchte als die inländische, sie genießt eben den Vorzug des Fremden, denn „es kommt auf die Einbildung an“. Selbst wenn aber die inländische Waare etwas weniger gut wäre, so schadet das nichts, weil es sich nicht um nothwendige Dinge (Nahrungsmittel u. s. w.), sondern um „bloße Dinge der Phantasie“ handelt. Nur mit der Beschränkung also auf die mehr dem Luxus gewidmeten Waaren ist Hornick's Vorschlag aufzufassen und zu beurtheilen und da wird die Verurtheilung jedenfalls milder ausfallen müssen, besonders wenn man bedenkt, daß Hornick sein Volk nicht bloß wirthschaftlich heben, sondern auch moralisch erziehen will. Dabei wiederholt Hornick immer und immer auf das dringendste, daß im Inlande alle Voraussetzungen zu einer entsprechenden Industrie vorhanden

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