Page images
PDF
EPUB

necessario requirebatur antecedens imperium. Nam juris constitui causa est Majestas. Contra naturae cursum et consuetudinem fuerit, si effectus suam causam antecederet non tantum sed producit etiam « (p. 215). Auch ist es nach Horn ein »communissimus error«, daß das Volk die Majestät von Natur aus besize. Er entgegnet: »Quicunque sui juris nascitur, et ad vitam civilem inclinat; ille in se habet potestatem eandemque communitati tribuit? ... Si quis sui juris nascitur, non suberit sui ipsius imperio, qui enim ulli imperio subest, non est sui juris nunc vero si omnes imperant, ubi subditi? ... Singuli nec in se nec in alios potestatem a natura habent et ideo multitudini huic nihil conferunt, et si conferrent, a Deo respublica immediate non haberet eandem« (p. 229).

...

[ocr errors]
[ocr errors]

Er fährt in der Bekämpfung der Volkssouveränetätslehre mit fast prophetisch zu nennenden Worten fort: >> Plausibilis prima fronte haec est sententia, perniciosa enim eadem deprehenditur, si penitius introspiciatur. Scilicet hoc ipsum est, quod seditiosam plebem pestilentissimo instrumento armat, ut quoties displicuerit Rex, aut subjectionis aliqua conditia cessaverit, mutet voluntatem et illum deponat solio. Immobile fundamentum est, posse dissolvi vinculum, quod libera voluntas colligabat sola, quoties ex altera paciscentium parte aliquid fuerit non impletum. Quicquid enim solo pacto colligatur, si altera pars contrahens, promissis non stet; altera impune solvetur obligatione. Ideoque si Princeps contra subditorum utilitatem designaret, cessaret horum subjectio, certa conditione et pacto promissa; et nunquam materia seditionis deesset, detractandi obsequium et destituendi Majestatem« (p. 233).

Gierke1) weist eingehend nach, daß die „Politik“ von Joh. Althusius (1603) unmittelbar grundlegend für Rousseau's

1) a. a. D. S. 201 und an vielen Orten.

Contrat social geworden sei, ja er behauptet, „ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß Rousseau das damals auch in Frankreich wohlbekannte Buch gelesen und benügt habe“ (S. 9). Die obcitirten Aussprüche Horn's, mit welchen er gegen den Monarchomachen“ Althusius so entschieden Front macht, zeigen ganz deutlich, daß Horn den revolutionären Keim dieser Majestätstheorie klar erkannt habe.

-

"

Der Unterthan » obsequium debetur majestati in omnibus << >> obsequium constituit naturam subditi« (p. 660) »hactenus igitur debet tyranno obsequium subditus<, aber doch »recte negatur obsequium ubi praestisse crimen est<«< (p. 671).

Einem so omnipotenten Herrscher ist nichts unmöglich; darum zur Förderung des Handels »nummum invenit«, mittels der >>potestas nummaria«, welche eine » domestica facultas principi« ist (p. 432 s.). »Valor pendet a Principe« (!), außerdem ist hier von Bedeutung der Feingehalt und das Gewicht der Münze und endlich »usus aestimat rem<<. Der Kernpunkt bleibt aber doch der Wille des Fürsten. >> Quum Rex totius territorii dominus divina ordinatione proclametur, primum beneficientiae (!) opus est, distribuere inter suos terrae superficiem et assignare cuique immobiles possessiones: aut divisas jam et occupatas confirmare.< Dieje Gottähnlichkeit des Fürsten tritt am schärfsten in Horn's Auffassung des Eigenthumsrechtes hervor, wie wir schon oben (S. 54 f.) angedeutet haben. Gott gibt sein Eigenthumsrecht unter Vorbehalt des Obereigenthumsrechtes an den Fürsten und dieser wieder, soviel er will, unter dem gleichen Vorbehalt, an die Unterthanen. »>Hoc supremum dominium amplissime communicat Vicario suo Deus« (p. 327). Dieser wieder den Unterthanen »ita ut vi dominii . . . possint pro lubito disponere, modo dispositione tali non peccent in leges imperantis, quibus ille circumscribitur et limitatur« (p. 347 s.). So ist das Privateigenthumsrecht niemals » absoluta et summa

potestas«<, sondern nur »quatenus quis lege non prohibetur«. Denn der Herrscher »habet dominium in omnes fortunas personae subjectae«. Gestüßt auf das römische Recht sieht Horn die Privateigenthümer nur als Usufructuare an und widerlegt alle Einwendungen gegen das fürstliche Obereigenthum, so insbesonders jene, daß eine Sache nicht zwei Eigenthümer (Fürst und Unterthan) haben könne. Die Erwiderung ist leicht. Nachdem Gott sich ein höchstes Obereigenthum über alle Güter vorbehalten hat: »Non puto aliquem fore tam impium extreme, qui Creatori omnium rerum subtrahere velit dominium in sua bona« (p. 385), der Fürst aber » Vicarius Dei«< sei, so könne auch dieser das Dominium eminens über die Güter der Unterthanen haben. Zum Ueberflusse bringe auch die heil. Schrift eine Fülle von Beweisen für das Dominium

eminens.

Der Fürst kann sein Dominium eminens immer ausüben, wann er will. »Si princeps semper et ubique habet potestatem in bona subditorum, semper et ubique sine ulla causa () pro lubito (!) potest diripere cives et ad se trahere eorum fortunas« (p. 404). »Non puto aliquem fore tam impudentem, qui Principi detrahere velit imperium extra necessitatis causam«. Allerdings wird der Fürst dieses Recht nur im Nothfalle ausüben, doch hängt das vollkommen von ihm ab. Die Krönung dieser Säße liegt in der Behauptung »> necessum est, ut concludamus, Principem ad justi pretii solutionem non teneri«. Zwar » aequitas suadet«<, dem Unterthanen eine Entschädigung zu geben, aber >> nullum strictum jus cogit«<.

Wer mag glauben, daß Horn und Seckendorff Zeitgenossen waren? Dort die Verzerrung des Absolutismus zur Tyrannei, hier die echt staatsmännische Verwerthung des Absolutismus zum Wohle des Unterthanen durch Auferlegung von Herrscherpflichten. Und doch ruhen die Systeme beider Männer auf Religion!

So sehen wir denn in Seckendorff, wenn wir das „Finanzwesen“ ausnehmen, den vollberechtigten Vorläufer des eudämonistischen Wohlfahrtstaates, welcher alle Keime, welche bei den Späteren entwickelt hervortraten, bereits deutlich zeigt. Das unvergängliche Verdienst Seckendorff's wird es bleiben, in Deutschland die Verwaltung zuerst zur Geltung gebracht und dem Werdeproceß, welcher das 17. Jahrhundert charakterisirt, entsprechend, zwar nichts Abschließendes geboten, aber doch jenen Ideen vollgültig vorgearbeitet zu haben, welche das 18. Jahrhundert erleuchten und im 19. Jahrhundert ihre Früchte ge= tragen haben.

II.

Von Seckendorff bis zur Entstehung der Verwaltungslehre als Wissenschaft.

Die Zeit nach Seckendorff hat in Deutschland kein einheitliches Gepräge. Die rationalen Verwaltungsgedanken Seckendorff's wurden weitergebildet, freilich manchmal auch wieder rückgebildet; die Tendenz dieser Weiterbildung, die sich ziemlich ausschließlich auf das wirthschaftliche Gebiet beschränkte, war die Schaffung einer nationalen, selbständigen Industrie in Deutschland und damit eines selbständigen, geltenden Staates.

Neben dieser Richtung, zeitlich theils in die erste fallend, theils ihr unmittelbar folgend, geht die Weiterbildung der naturrechtlichen Philosophie, durch welche die gegenseitige Pflicht der Menschen, an ihrer Vervollkommnung zu arbeiten, statuirt wurde, als Grundlage für den kommenden Wohlfahrtstaat. Es entstand, wenn man, anlehnend an die englische Philosophie, den Ausdruck gebrauchen darf, die deutsche Nüglichkeitsphilosophie. Dieselbe entwickelte wieder auf ihre Weise den Staatsgedanken, indem sie Recht, Sitte und Politik unabhängig von der Kirche hinstellte, daran festhielt, daß die Kirche Gegenstand der Verwaltung sei und den Staatsbegriff aus dessen Wesen heraus darstellte.

Endlich einerseits als Schlußstein und Consequenz aus den beiden vorangehenden, anderseits als Uebergang und Vorbereitung zur folgenden Epoche entstand jene innige Verschmelzung von

« PreviousContinue »